RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG, Köln
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1433-0172
Zeitschrift für Immobilienrecht
ZfIR
2024
ZfIR-ZeitschriftenkompassGerhard Schmidberger*
ZfIR-Zeitschriftenkompass
Einen besseren Überblick über die zahlreichen Publikationen zu dem Thema Liegenschaftsvollstreckung bietet Ihnen der ZfIR-Zeitschriftenkompass. Viermal im Jahr werden an dieser Stelle ausgesuchte Aufsätze aus relevanten Zeitschriften zu diesem Thema von Herrn Dipl.-Rechtspfleger Gerhard Schmidberger zusammengefasst und besprochen. Die Zeitschriftenschau erscheint jeweils in den Ausgaben: ZfIR 3, ZfIR 6, ZfIR 9 und ZfIR 12.
Allgemein
1.101. Vermeidung von Risiken durch ausgewogene Vertragsgestaltung beim Immobilien-Teilkauf
Denny Kunkel (NJOZ 2024, 1 – 5)
Seit etwa 2019/2020 so der Autor, sei in Deutschland das Modell Teilkauf in Mode gekommen. Dabei erwerbe ein Investor einen Bruchteil an einer vom Teilverkäufer selbstgenutzten Immobilie. Durch die Wohnimmobilienkreditrichtlinie und andere Vorschriften seien gerade ältere Menschen vom Darlehensmarkt abgeschnitten. Das Produkt Immobilien-Teilkauf sei gesetzlich noch nicht geregelt. An höchstrichterlicher Rechtsprechung mangele es noch. So gilt es umso mehr, im Vorfeld Risiken abzuwägen. Einer Veräußerung initiiert durch den Teilkäufer könne damit Einhalt geboten werden, dass ein Teilungsausschluss im Grundbuch vermerkt wird. Werde der Teilkäufer gegenüber dem Refinanzierer säumig, könne die Zwangsversteigerung aus der für den Refinanzierer eingetragenen Gesamtgrundschuld drohen. Daher sollte intern vereinbart werden, dass die Zwangsversteigerung nur dann zulässig ist, wenn der Teilkäufer selbst mit der Bezahlung der Nutzungsentschädigung für den verkauften Anteil rückständig bleibt. Bleibe der Teilverkäufer die vereinbarten Nutzungsentschädigungsraten schuldig, sollte sich der Teilkäufer vorbehalten, den Nießbrauch (respektive das Wohnungsrecht) löschen lassen zu dürfen. Neben weiteren Aspekten geht Kunkel auf die Insolvenz einer der beiden Vertragsparteien ein. Seine Prognose: „Das Thema Immobilien-Teilkauf wird seiner [des Verfassers] Einschätzung nach die Politik, die Verbraucherschützer und die Gerichte in den nächsten Jahren beschäftigen.“
1.102. Der Teilverkauf von Wohnimmobilien als Immobiliar-Verbraucherdarlehen
Dr. Markus Artz/Dr. Beate Gsell (NJW 2024, 785 – 791)
Ein weiterer Beitrag, der kritisch zum nicht mehr ganz so neuen rechtlichen Produkt Teilverkauf Stellung bezieht. Das Autorenteam nähert sich dem Teilverkauf ebenfalls über die Wohnimmobilienkreditrichtlinie. Grob zusammengefasst die Ausgangslage: Ehepaar X, schon in die Jahre gekommen, gut situiert, Eigentümer einer abbezahlten Wohnimmobilie, will sich noch etwas gönnen, ist aber leider nicht mehr kreditwürdig und erhält „dank“ europäisch verankertem Verbraucherschutz keinen Kredit mehr, der über das Wohngrundstück abgesichert werden könnte. Was liegt da näher, als nach einem Ausweg zu suchen – und siehe da, der Markt bietet Alternativen. So verwundert nicht, dass Artz/Gsell feststellen, dass der Teilverkauf auf das wirtschaftliche Ergebnis eines Darlehens ziele. Einzelne, typisch in solchen Verträgen zu findende Kautelen werden dahingehend hinterfragt, ob sie einseitig dem Aufkäufer dienen, als dem die Auszahlung suchenden Vertragspartner auf der anderen Seite. Punkt II.2 mit der Überschrift „Teilverkauf erfüllt die Merkmale eines Darlehens“ kann so zusammengefasst werden: Das Konstrukt heiße zwar Teilverkauf, ist aber in Wirklichkeit ein Darlehen. In der weiteren Bewertung wird festgestellt:
- Der Teilverkauf ist kein ausgenommener Immobilienverzehrkreditvertrag (§ 491 Abs. 3 Satz 4 BGB)
- Der Teilverkauf ist ein Umgehungsgeschäft (§ 512 Satz 2 BGB).
Auch wenn der Kreditgeber keine Bank sei, treffen ihn nach § 1 KWG zahlreiche Informationspflichten. Auch aufsichtsrechtliche Rechtsfolgen seien zu beachten. Mit Hilfe der teleologischen Reduktion des bestehenden Verbraucherschutzes, so die beiden Autoren, müsse es möglich sein, auch älteren Menschen Darlehen zu gewähren, die sie zu Lebzeiten nicht mehr zurückzahlen können, sofern die lebzeitige Rückzahlung nicht geschuldet sei. Anderes wäre eine Altersdiskriminierung.
Anm. des Verfassers des Kompasses: Teilkaufverträge sind überaus komplex. Ein „Normal“-Notar hat mir mitgeteilt, es sei einmal der Wunsch einer Beurkundung an ihn herangetragen worden. Er habe die Protokollierung aus Zeitgründen ablehnen müssen. Verständlich. Das Thema „Teilverkauf“ rückt nun auch in den Fokus der Fortbildung, s. Herbsttagung des DAV in Mainz am 27. 9. 2024.
1.103. Der Grundschuld-Rückgewähranspruch. Eine Betrachtung aus sachenrechtlicher, kreditsicherungsrechtlicher, zwangsvollstreckungsrechtlicher und insolvenzrechtlicher Sicht
Hans Gerhard Ganter, Vors. RiBGH a. D. (NZI 2024, 27 – 32)
Am 1. 1. 1999 trat die InsO in Kraft. Vor nunmehr 25 Jahren. Diesem Jubiläum widmet Ganter seinen Beitrag. Der Rückgewähranspruch, also der Anspruch des Sicherungsgebers auf Rückgabe der Sicherheit nach Erledigung des Sicherungszwecks, sei juristisch anspruchsvoll, damals wie heute, wie der Autor bemerkt. Die große wirtschaftliche Relevanz zeige sich auch darin, dass der Anspruch gegen den Sicherungsnehmer abgetreten oder ZfIR 2024, 414gepfändet werden könne. Klarzustellen gelte: Der Anspruch sei rein schuldrechtlicher Natur und nicht dinglicher, aufschiebend bedingt durch die vollständige Tilgung der gesicherten Forderung bzw. der sonstigen Erledigung des Sicherungszwecks. Der Sicherungsgeber (= regelmäßig der Eigentümer) könne vom Sicherungsgeber (= Grundschuldgläubiger) verlangen:
- Rückübertragung § 1154 Abs. 1, § 1192 Abs. 1 BGB, auch in der Form an eine andere Bank
- Verzichtserklärung § 1168 Abs. 1, § 1192 Abs. 1 BGB mit der Folge des Entstehens einer Eigentümergrundschuld
- Aufhebung § 1183 Satz 1, § 1192 Abs. 1 BGB mit der Folge des Erlöschens des Rechts
Der Sicherungsgläubiger könne regelmäßig wählen, wie er den Anspruch des Sicherungsnehmers erfüllen wolle. Bei der Interzession könne man davon ausgehen, dass der Interzedent unmittelbar die Leistung an sich fordern könne, obwohl er im Verhältnis des Interzessionars und Schuldners am Sicherungsvertrag nicht direkt beteiligt sei. Weitere Aspekte sind aufgeführt:
- Zwangsversteigerung: Erlösche die Grundschuld, erstrecke sich der Rückgewähranspruch auf Auskehr der Hyperocha. Bleibe die Grundschuld bestehen, sollte der Grundschuldgläubiger gegenüber dem Ersteher nicht auf das Recht verzichten. Der Verzicht käme nur dem Ersteher, nicht dem früheren Eigentümer zugute.
- Die Rückgewähransprüche seien bereits vor Bedingungseintritt pfändbar. Allerdings entstehe kein Pfandrecht an der Grundschuld, sondern ein Ersatzpfandrecht gem. § 1287 BGB. Gehe die Grundschuld kraft Gesetzes auf den Eigentümer über und werde zur Eigentümergrundschuld, laufe die Pfändung ins Leere.
- Insolvenz: verschiedene Probleme werden aufgezeigt.
Im Fazit stellt Ganter fest, es gebe schon noch Probleme rund um die Rückübertragungsansprüche gerade in der Insolvenz. Es bleibe eine spannende Frage, inwieweit diese zum 50-jährigen Jubiläum der InsO gelöst seien oder ob neue hinzukommen werden.
Anm. der Red.: Siehe Nassall zu BGH v. 20. 10. 2023 – V ZR 9/22, ZfIR 2024, 131 (LS)), nachstehend Anmerkung Nr. 1.115.
1.104. Die Immobilie in der Insolvenz der natürlichen Person – gesetzliche Fallkonstruktionen und richterliche Fehlentscheidungen?
Prof. Ulrich Keller (ZVI 2024, 83 – 88)
Keller sieht einen Wertungswiderspruch zwischen dem Insolvenzrecht und Sozialleistungsrecht. Er erläutert, weshalb die selbst genutzte Immobilie nicht vollstreckungs- und insolvenzfrei ist. Der Insolvenzschuldner könne die Immobilie verlieren. Der Schuldner als Mieter sei dagegen besser geschützt. Regelmäßig werde der Insolvenzverwalter das Mietverhältnis freigeben, was eigentlich die Sache nicht richtig bezeichne. Der Schuldner werde für die Erfüllung des Mietvertrags halt selbst zuständig. Sei der Schuldner nicht Mieter, sondern Selbstnutzer der eigenen Immobilie, böte ihm das Sozialleistungsrecht erstaunliche Zusicherungen. De lege ferenda sollte es dem Insolvenzverwalter möglich sein, die Immobilie bedingt freizugeben, um ihm den Wohnraum erhalten zu können. Für das gefundene Konstrukt werden noch weitere Vorgaben aufgezeichnet.
1.105. Vorsicht bei der Verwertung des Familienheims: § 23 EStG bleibt eine Haftungsfalle
Ralf Engels (FamRZ 2023, 1775 – 1776)
Als Nachläufer einer Ehegattentrennung mit Immobilie holt man sich unter ungünstigen Bedingungen das Finanzamt wegen Entrichtung von Spekulationssteuer ins Haus – so im Fall des BFH (v. 14. 2. 2024 – IX R 11/21, ZfIR 2023, 290 (LS)); und unter ganz widrigen Umständen auch noch einen Regress als Anwalt (BGH v. 9. 1. 2020 – IX ZR 61/19, FamRZ 2020, 553 (m. Anm. Bergschneider)). Engels legt die Tatbestände des § 23 EStG dar, wonach bei Nichteinhalten der Haltefrist der Immobilie von 10 Jahren, die Wertdifferenz zum Erwerb nebst/oder Herstellungskosten gegenüber dem Veräußerungserlös auch bei weiland privater Nutzung steuerbar ist. Selbst Zwang oder Notlagen zur Veräußerung, etwa bei angedrohter Teilungsversteigerung, ändere an der Steuerpflicht nichts. Der BFH habe eine für die Praxis über viele Jahre offene Rechtsfrage Klärung hergestellt, aber das Ergebnis sei alles andere als zufriedenstellend.
1.106. Titelgegenklage: Notwendige Ergänzung der vollstreckungsrechtlichen Rechtsbehelfe
Prof. Dr. Dr. Bernhard Klose (MDR 2024, 407 – 412)
Klose befasst sich mit vollstreckungsrechtlichen Rechtsbehelfen. Im Gegensatz zu Celikovic (vgl. Anm. 1.124) pickt sich der Autor nur die sog. Titelabwehrklage, vulgo Titelgegenklage heraus. Zunächst wird scharf zwischen den einzelnen Rechtsbehelfen in der Vollstreckung unterschieden. Augenmerk wird auf die Vollstreckungsabwehrklage nach § 767 ZPO gelegt. Diese komme dann in Betracht, wenn nach Herstellung des Titels, materiellrechtliche Einwendungen vorgebracht werden, die den vollstreckbaren Anspruch behindern oder vereiteln. Die Titelgegenklage sei eine notwendige Ergänzung der vollstreckungsrechtlichen Rechtsbehelfe und richte sich nicht gegen den Anspruch, sondern sie will den Titel quasi als Dokument selbst angreifen. Diese Klage beruhe auf einer analogen Anwendung des § 767 Abs. 1 ZPO. Sie komme vorrangig bei notariellen Unterwerfungserklärungen, Versäumnisurteilen oder Prozessvergleichen zum Zuge. Auf die Präklusionswirkung des § 767 Abs. 2 und 3 ZPO geht der Beitrag ein, ebenso auf einstweilige Maßnahmen nach § 769 ZPO. Obwohl die Titelgegenklage dort nicht erwähnt sei, müssten auch bei der Titelgegenklage einstweilige Anordnungen zulässig sein.
1.107. Erwerb des Eigentums an einem Grundstück durch ein rechtsanwaltliches Bieterverfahren
Prof. Dr. Hans-Peter Schwintowski (NJOZ 2024, 449 – 454)
ZfIR 2024, 415
Ohne Notar ins Grundbuch? Das geht schon in Ausnahmefällen, als Erbe zum Beispiel oder als Ersteher nach dem ZVG. Aber aufgrund Zuschlags in einem von einem Rechtsanwalt durchgeführten Bieterverfahren? Was sich fast schon revolutionär anhört, untersucht der Autor. Einer notariellen Beurkundung nach § 311b Abs. 1 Satz 1 BGB bedürfe es dann nicht, wenn nach erfolgter Auflassung die Eintragung des Erwerbers im Grundbuch erfolgt sei. Die vom BGH favorisierte Sicht, ein nicht notariell beurkundetes Verpflichtungsgeschäft entfalte keine Wirksamkeit, überzeugt den Autor nicht, jedenfalls dann nicht, wenn der Vertragsschluss in einem privatrechtlichen Bieterverfahren, geleitet durch einen Rechtsanwalt, geführt werde. Der Anwalt sei nicht nur zur Rechtsberatung Dritter zugelassen, sondern er sei ein eigenes Organ der Rechtspflege, das jedoch nicht als staatliches Organ handele. Ergo könne der Anwalt rechtswirksam in einem Bieterverfahren den Zuschlag erteilen. Der Meistbietende erhalte gegenüber dem auslobenden Eigentümer einen Anspruch auf Übereignung des angebotenen Grundstücks. Aber, so weit räumt Schwintowski ein, ganz ohne Notar gehe es doch nicht – denn es bedürfe noch der Beurkundung der Auflassung, die allerdings im Umfeld eines anwaltlich geleiteten Bieterverfahrens nur noch deklaratorischer Natur sei. In seinem Schlusssatz formuliert der Autor: „Ein Festhalten an der Formbindung [gem. § 311b Abs. 1 BGB] wäre folglich verfassungswidrig.“
Zwangsversteigerung
1.108. Öffentliche Grundstückslasten im Zwangsversteigerungsverfahren
Prof. Rainer Goldbach (Rechtspfleger-Studienhefte 2023, 181 – 187)
Nirgends definiert, aber sie – die öffentlichen Lasten (nachstehend öLa) – tauchen in zahlreichen Bestimmungen auf, so etwa in § 436 Abs. 2 BGB, stellt der Autor einleitend fest. Eine Erläuterung finde sich in Art. 1 Abs. Nr. 2 des ehemaligen preußischen AGZVG. Die persönliche und dingliche Haftung aus der öLa für den Rechtsnachfolger werden aufgezeigt. Welche Ansprüche sind als öLa anzusehen und damit in der günstigen Rangklasse des § 10 Abs. 1 Nr. 3 ZVG anzusiedeln? Hier gibt Goldbach Auskunft:
- Nach Bundesrecht: Grundsteuern, Erschließungsbeiträge, Gebühren in der Flurbereinigung, Gebühren des Kaminfegers, Rückbau- und Entsiegelungskosten.
- Nach Landesrecht: nach dem jeweiligen KAG diverse grundstücksbezogene Leistungen (wie etwa Wasser/Abwasser/Müll) sowie Ersatzvornahmen das Grundstück betreffend.
Auf Seiten 182 und 183 befindet sich eine hilfreiche Tabelle, was in welchem Bundesland gilt. Auf den zeitlichen Bezug zur Geltendmachung der öLa (zwei Jahre bei wiederkehrenden Leistungen, vier Jahre bei einmaligen) ist hingewiesen. Die öffentliche Hand sei selbst zur Vollstreckung befugt. Dies beinhalte die Herstellung des Titels. Zur Einleitung der Versteigerung genüge ein Ersuchen an das Vollstreckungsgericht, da zur eigenen Vollstreckung in Grundstücke keine Befugnis bestehe. Unstreitig sei die Erstreckung des Rangprivilegs auf Nebenkosten der öLa (BGH v. 19. 11. 2009 – IX ZR 24/09, ZfIR 2010, 154 (LS)). Für manch Außenstehenden immer wieder rätselhaft: Anmelden oder Betreiben? Hier hilft Goldbach weiter. Vorteile und Nachteile werden gegeneinander abgewogen.
Ab S. 186 ist die Zwangsverwaltung „dran“. Öffentlichen Gläubigern sei das Betreiben der Zwangsverwaltung nicht zu empfehlen. Diese sei höchstens in Ausnahmefällen interessant. Ob öLa in der Zwangsverwaltung auch bei notleidender Masse bezahlt werden müssen, wird untersucht, und ob auch hierfür ein Vorschuss gem. § 161 Abs. 3 ZVG angefordert werden könne. Goldbach unterscheidet in Leistungen für das Grundstück sowie für die Grundsteuer selbst. Zu den Ersteren positioniert er sich klar: Es gebe keinen Grund, diese nicht zu bezahlen. Hinsichtlich einer Vorschusspflicht für Grundsteuern weicht Goldbach seine bislang starre Haltung auf und anerkennt die Gegenmeinungen (LG Münster v. 11. 9. 2013 – 5 T 502/13, ZfIR 2014, 451 (LS) = KKZ 2014, 16 (m. abl. Anm. Goldbach für Grundsteuer); AG Darmstadt v. 11. 11. 2015 – 61 L 11/15, ZfIR 2017, 213 (LS)), ohne jedoch grundsätzlich von seinem früheren Standpunkt abzurücken.
Im Fazit stellt der Autor fest, Banken würden sich zunehmend vom Vollstreckungsverfahren abwenden und mit dem Schuldner eine außergerichtliche Verkaufslösung anstreben. Für die Kommunen nicht so erquicklich. Sie würden daher selbst weiter im Zwangsversteigerungsverfahren nach Befriedigung suchen. Der Wahlberliner ruft Berlin an: „Um …, sollte sich der Gesetzgeber dazu durchringen, eine Definition für den Begriff der öffentlichen Grundstückslast zu installieren.“
1.109. Hausbau und Bestellung einer Grundschuld durch den gutgläubigen Besitzer – zugleich Besprechung von OLG Brandenburg v. 29. 6. 2023 – 5 U 81/20
Robin Repnow (JR 2024, 111 – 117)
Ein sehr übler Fall – zurückgehend auf einen verkorksten Zuschlag aus dem Jahre 2010 (AG Luckenwalde v. 21. 4. 2010 – 17 K 312/08, soweit ersichtlich n. v.). Kurzversion: A. erhält den Zuschlag über ein Grundstück – das darauf stehende Wochenendhaus wird durch ein Einfamilienhaus ersetzt. Der Zuschlag wird nach scheinbarer Rechtskraft im Wege der außerordentlichen Beschwerde kassiert (LG Potsdam v. 11. 3. 2014 – 1 T 103/13, ZfIR 2014, 785 (m. Bespr. Steffen, S. 757)). Der Eigentümer nimmt A. wegen Räumung, Nutzungsentschädigung und Rückbau erfolgreich in Anspruch (OLG Brandenburg v. 29. 6. 2023 – 5 U 81/20, ZfIR 2024, 411 (LS) – in diesem Heft). Also Eigentümer-Besitzer-Verhältnis (EBV) in Reinform, wie es schöner nicht dargestellt werden könnte.
Repnow nimmt diesen außergewöhnlichen und auch sehr tragischen Fall zum Anlass, das EBV einer näheren Untersuchung zu unterziehen. Der Schutz des redlichen Besitzers könne, so wie auch vom OLG entschieden, nur über die Vorschriften des EBV gelöst werden. § 242 BGB, wie vom LG noch angenommen, sei fehl am Platze. Die Verurteilung zur Herausgabe sei zu Recht erfolgt. Zu Punkt IV stellt der Autor die Frage, zeitigt der ZfIR 2024, 416Bau auf fremden Grund eine Beseitigungspflicht oder gilt hier Verwendungsersatz? Er nähert sich der Frage über Ausführungen zum „engeren“ und „weiteren“ Verwendungsbegriff. Der engere Verwendungsbegriff könne zu offenkundigen Härten führen. Durch die Aufwendungen des A. habe sich der Wert erhöht. Jedoch könne A. diese nicht geltend machen, da er das neue Gebäude wieder entfernen lassen muss. Dies überzeuge nicht. Die §§ 994 ff. BGB glichen, so das Ergebnis seiner Untersuchung, die unterschiedlichen Interessen aus, ohne auf § 242 BGB zurückgreifen zu müssen. Hinsichtlich der Verpflichtung des A., die von ihm zugunsten seiner finanzierenden Gläubigerin eingetragene Grundschuld löschen zu lassen, wähnt der Autor das OLG auf einem nicht richtigen Weg. Der Schlusssatz vermag den A. sicher nicht zu trösten, wenn Repnow feststellt: „Gleichwohl ist die Entscheidung des OLG Brandenburg wegen der darin aufgeworfenen Fragen von großem Interesse für Wissenschaft und Praxis sowohl für die juristische Ausbildung.“
Anm. der Red.: Die NZB wurde vom BGH mit Beschluss v. 20. 6. 2024 zum Az. V ZR 153/23 ohne nähere Begründung jedoch wegen der grundsätzlichen Bedeutung des Rechtsstreits zugelassen; s. auch Presseerklärung des BGH Nr. 136/24 v. 25. 6. 2024, ZfIR-Aktuell, Heft 8/2024.
1.110. Anmerkung zu OLG Brandenburg v. 29. 6. 2023 – 5 U 81/20
Dr. Frank Spohnheimer (NJW 2024, 2563)
Spohnheimer kommt in seiner Betrachtung ebenfalls zum Schluss, die Herausgabe des Grundstücks gehe in Ordnung. Mit der Verpflichtung, das Gebäude abreißen zu müssen, verlasse das OLG die vom Gesetz intendierte Privilegierung des gutgläubigen Eigenbesitzers. Mit der Beseitigung der Grundschuld über § 812 Abs. 1 Alt. 2 BGB habe der Senat es sich zu leicht gemacht.
1.111. Die Zwangsversteigerung von Immobilien – Jahresrückblick 2023
Dr. Andreas Thürauf/Alexandra Hammermüller (IVR 2024, 1 – 9)
Der Aufsatz setzt die Serie in der IVR fort, die einen Jahresüberblick über aktuelle Entscheidungen im Bereich der §§ 1 – 145, 180 – 184 ZVG liefert (Vorgängerbericht für 2022, s. Anm. Nr. 1.031). Die Hierarchie der Gerichte bestimmt die Reihenfolge der vorgestellten Entscheidungen. So findet sich zuerst ein Beschluss des BVerfG (v. 3. 5. 2023 – 2 BvQ 52/23, WM 2023, 1089) wonach in einem Suizidfall zu entscheiden war. Der BGH ist viermal vertreten, so etwa auch in einer Verfahrenskostensache (v. 13. 10. 2022 – V ZA 10/22), in der der Antrag des Prätendenten abschlägig beschieden wurde. Bei der dritten Kategorie finden sich mehrere Oberlandes- und Landgerichte sowie ein Verwaltungsgericht. Die 13 aufgelisteten Entscheidungen zeigen die Vielfältigkeit, die das ZVG in der Rechtsprechung zu bieten hat. Selbstverständlich ist auch OLG Brandenburg (v. 29. 6. 2023 – 5 U 81/20, ZfIR 2024, 411 (LS) – in diesem Heft) mit dabei.
1.112. Probleme und Lösungsansätze zur Zustimmung bei der Veräußerung von Wohnungseigentum in der Zwangsversteigerung gem. § 12 WEG
Matthias Schmerbeck (IVR 2023, 115 – 118)
Wird Teil- oder Wohnungseigentum veräußert, haben die übrigen Eigentümer ein Wörtchen mitzureden, wenn die Teilungserklärung einen Vorbehalt nach § 12 WEG vorsieht. Der Autor untersucht die Vorschrift. Er befindet, sie stehe schon länger in der Kritik – und diese sei auch berechtigt. Der eigentliche Zweck, das Eindringen eines unliebsamen Erwerbers, könne fast nie erreicht werden. Gründe, weshalb eine Zustimmung zur Veräußerung, auch im Wege eines Zuschlags, versagt werden könnten, sind aufgeführt. Schon beim Verkauf zeigten sich Schwierigkeiten, an Informationen über den Ersteher zu gelangen. Bei der Versteigerung liefe die Überprüfung, Versagungsgründe für die Zustimmung zu finden, ins Leere. Wie will der Zustimmungsberechtigte in kurzer Zeit ermitteln, ob der Meistbietende zumutbar ist, fragt sich der Autor. Als Lösungsvorschlag empfehle es sich, grundsätzlich von der Zustimmungspflicht im Falle der Veräußerung bereits in der Teilungserklärung abzusehen – zumindest für den Fall einer Zwangsverwertung. Sei eine Vereinbarung zur Zustimmung getroffen, könne diese im Rahmen des § 12 Abs. 4 Satz 1 WEG in Wegfall gebracht werden. Schmerbecks ernüchterndes Ergebnis: „Die Norm mag in der Theorie einen sinnvollen Zweck haben, in der Praxis ist dieser aber nicht zu erreichen.“
Anm. des Verfassers des Kompasses: In aller Regel ist die Zustimmung zur Veräußerung im Falle einer Zwangsversteigerung oder Veräußerung durch den Insolvenzverwalter ausgeschlossen. Wäre dem nicht so, wäre die Beleihungsfähigkeit stark eingeschränkt.
Anm. der Red.: Aktuell zum Zustimmungserfordernis BGH v. 22. 3. 2024 – V ZR 141/23, ZfIR 2024, 412 (LS) – in diesem Heft.
1.113. Anmerkung zu VG Schleswig v. 15. 11. 2023 – 4 A 1/22, ZfIR 2024, 132 (LS)
Prof Ulrich Keller (NZI 2024, 149)
Der Fall reicht bis ins Jahr 2004 zurück. Grundsteuern und kommunale Benützungsgebühren blieb der Eigentümer schuldig. Den Erwerber, der das Grundstück 2005 vom Insolvenzverwalter abkaufte, ereilte 2021 der Duldungsbescheid. Das VG erkannte eine Duldungspflicht hinsichtlich der noch offenen Grundsteuer, jedoch nicht für die Benutzungsgebühren. Keller geht mit dem VG hart ins Gericht. In den Leitsätzen erscheine das Urteil logisch und zutreffend. Im Ergebnis sei es aber schlicht falsch. Schon die Zeitfolge mache misstrauisch. Hauptkritikpunkt: Die betreffende Kommune hätte bereits 2005 in der Zwangsversteigerung aus dinglichem Recht vollstrecken können. Die Aussage des VG, eine Vollstreckung durch die Kommune sei bis Dezember 2019 wegen § 89 InsO unzulässig gewesen, sei schlicht falsch.
1.114. Geldwäscheverdacht im Zwangsversteigerungsverfahren – Meldepflicht für den Rechtspfleger
Peter Savini (Rpfleger 2024, 121 – 125)
ZfIR 2024, 417
Zwangsversteigerung und Geldwäsche – eine Kombination, die sich (leider) nicht ausschließt. Einleitend stellt Savini fest, dass der Gesetzgeber Bargeld aus dem Gesetz verbannt hat, zuletzt mit der Änderung des § 49 Abs. 3 ZVG. Der Begriff Geldwäsche wird definiert. Regelmäßig könne das Vollstreckungsgericht im Termin nicht feststellen, ob eine Meldepflicht besteht. Der Autor nennt drei extravagante Beispiele, bei denen die Alarmglocken klingeln müssten. Die Gebotsabgabe als Prozesshandlung sei noch keine Geldwäschehandlung. Allenfalls könne die Überweisung der Sicherheitsleistung an die Gerichtskasse einen Verdacht auslösen, aber hier gelte, dem Rechtspfleger müssten schon handfeste Hinweise vorliegen, dass beim Einzahler etwas nicht stimmt. Jedoch sei in erster Linie die Bank gefragt, von der die Überweisung abgeht. Tritt der Meistbietende seine Rechte an einen Dritten ab oder wird die Vertretungsmacht offengelegt, sei damit noch keine meldepflichtige Handlung vorgenommen worden. Erst die Bezahlung des Meistgebots sei eine Transaktion und eine Verwendung von Vermögenswerten. Das Dilemma „Dienstgeheimnis versus Meldepflicht“ wird problematisiert. Die Zusammenfassung zeigt auf:
- Dem Vollstreckungsgericht obliegt eine Meldepflicht. Die praktische Relevanz tendiert gegen null.
- Meldepflichten nur unter Wahrung des Dienstgeheimnisses und des Datenschutzes.
- Aber auch bei geringen Verdachtsfällen, Strafanzeige über den Dienstweg.
1.115. Keine Anwendung des § 1192 Abs. 1a BGB auf den Erwerber eines bereits mit Sicherungsgrundschuld belasteten Grundstücks
Dr. Wendt Nassall, RABGH (jurisPR-BGHZivilR 3/2024 Anm. 3)
Der Zwangsversteigerungsschuldner erhebt eine Titelabwehrklage. Das Grundstück war beim Erwerb bereits mit der Grundschuld belastet, deren Vollstreckbarkeit er nun angreift. Der BGH lehnte etwaige Ansprüche aus dem Sicherungsvertrag ab, da der Schuldner die hieraus resultierenden Ansprüche nicht erworben habe (BGH v. 20. 10. 2023 – V ZR 9/22, ZfIR 2024, 131 (LS)). Der Autor blickt in seiner Besprechung ca. 20 Jahre zurück, als es Mode war, das Forderungsmanagement samt den Grundschulden großflächig an Dritte auszulagern. Der Gesetzgeber habe zur Eindämmung von Schräglagen mit dem Risikobegrenzungsgesetz § 1192 Abs. 1a BGB eingeführt. Es sollte auf dinglicher Ebene den Forderungsaufkäufern den guten Glauben abschneiden. Geschützt sollte der Eigentümer werden, der auch Vertragspartner der Sicherungseinrede ist bzw. war. Zu Recht habe der BGH das OLG korrigiert, das meinte, auch der Rechtsnachfolger des Eigentümers könne sich auf § 1192 Abs. 1a BGB berufen, obwohl dieser nicht in den Sicherungsvertrag eingetreten ist. Die Entscheidung bringe Klarheit.
1.116. Der „bessere“ Zwangsversteigerungsantrag
Wolf Schulenburg (VE 2024, 37)
Schulenburg bringt den Klassiker für Anfänger. Der Gläubiger lässt für seine Forderung im Grundbuch eine Zwangssicherungshypothek eintragen. Danach betreibt er wegen der Forderung, nicht aus der Hypothek, in das Grundstück die Zwangsversteigerung. Das Vollstreckungsgericht moniert, das geringste Gebot würde sich um die Zwangssicherungshypothek erhöhen. Was nun, fragt der Autor – um sofort die Antwort zu geben: Dem eigenen Verfahren aus dem dinglichen Anspruch der Zwangssicherungshypothek beitreten.
1.117. Gesetzgebungsvorhaben: Staat erbt: Versteigerung überschuldeter Grundstücke
Peter Mock (VE 2024, 59 – 60)
Gibt es keine Erben, gibt es doch einen – den Staat, als Zwangserben. Aber wie das Grundstück versilbern, das in der Abt. III mit Rechten zugepflastert ist? § 175 ZVG, das Recht des Erben die Zwangsversteigerung zu beantragen, hilft nicht, wenn das geringste Gebot den Verkehrswert erreicht oder diesen übersteigt. Über einen neuen § 178a ZVG soll Abhilfe geschaffen werden (BR-Drucks. 48/24). Mock stellt in einem Beispiel dar, wie eine Versteigerung de lege ferenda aussehen könnte, nämlich auf Antrag des Fiskalerben können alle Belastungen durch den Zuschlag erlöschen. Dem geringsten Gebot lägen nur die Verfahrenskosten zugrunde. Mock sieht in dem Reformvorhaben eine schnellere und effektivere Versteigerung von hoch belasteten Immobilien.
Anm. der Red.: In der BR-Drucks. 48/1/24 sind die Empfehlungen der Ausschüsse abgedruckt. Der Finanzausschuss empfiehlt, den Gesetzesentwurf in den Bundestag einzubringen, der federführende Rechtsausschuss dagegen nicht.
Teilungsversteigerung
1.118. Blockademöglichkeiten in der Teilungsversteigerung
Wolfgang Roth (NJW-Spezial 2024, 167)
Sind sich die Erben in punkto Veräußerung einer Nachlassimmobilie nicht grün, kann jeder von ihnen über den kurzen Weg gem. § 180 ZVG die Zwangsversteigerung gegen die anderen betreiben. Roth erkennt mehrere Blockademöglichkeiten:
- Wertfestsetzung. Einfache Faustformel: Ohne Wert kein Versteigerungstermin. Ergo in diesem Zwischenverfahren mal ein wenig ausführlich argumentieren. Vorteilhaft sei, dass eine Kostenentscheidung nicht veranlasst sei, ebenso sei in der Regel auch kein Kostenerstattungsanspruch gegeben.
- Einstellung nach § 180 Abs. 2 ZVG. Die Voraussetzungen für eine Einstellung werden knapp skizziert. Für den Anwalt falle eine 0,4-Gebühr nach Nr. 3311 Nr. 6 VV-RVG an.
- Einstellung nach § 765a ZPO. Die ZPO-Vorschrift gelte auch bei der Teilungsversteigerung. Der etwaige Suizideinwand des im Gebäude wohnenden Miterben wird gestreift.
ZfIR 2024, 418
- Materiellrechtliches. Komme dann in Betracht, wenn Teilungsausschlüsse oder entgegenstehende Teilungsvereinbarungen bestehen. § 771 ZPO gelte analog. Bestehe Testamentsvollstreckung, habe der Testamentsvollstrecker ein Wörtchen mitzureden.
Zwangsverwaltung
1.119. Die Abrechnung des Zwangsverwalters auf Stundenbasis
Michael Drasdo (NZI 2024, 206 – 208)
Die ZwVwV sieht regelmäßig die pauschalierte Berechnung der Vergütung des Zwangsverwalters auf der Basis der eingezogenen Mieten und Pachten vor. Sieht es allerdings mit den Mieten mau aus, kann nach Stunden berechnet werden. Drasdo problematisiert die janusköpfige Regelung. Nur der Verwalter habe ein Wahlrecht, ob er nach Stunden oder pauschaliert entlohnt werden wolle. Dies könne ihm weder der Schuldner noch das Vollstreckungsgericht vorschreiben. Der Autor geht auf die Höhe der Stundensätze ein, jedoch noch vorgegeben von der ZwVwV vor der Änderung;1 ebenso auf den Tatbestand der Mindestvergütung. Im Fazit stellt Drasdo fest, die Berechnung nach Stundensätzen sei als Korrektiv erforderlich. Es gebe immer wieder Fälle, bei denen es ansonsten eine nicht auskömmliche Vergütung geben könnte. Erfreulich sei der Referentenentwurf zur Anpassung der Vergütung.2 Der Beitrag erschien bereits in Heft 6/2024 und hat sich mit der Verabschiedung der VO überschnitten.
Anm. der Red.: Ausführlich zur Änderung der ZwVwV: Depré/Cranshaw, ZfIR 2024, 54 und 2024, 222.
1.120. Neuregelung der Vergütung der Zwangsverwalter. Dokumentation mit Anmerkungen
Prof. Udo Hintzen (ZInsO 2024, 726 – 734)
Nun ist sie „durch“ – die Änderung der Vergütungssätze für die Zwangsverwalter.3 Vorab stellt der Autor die Änderungen in einer Synopse gegenüber. Die Übergangsvorschrift wird erläutert. Sodann geht Hintzen ausführlich auf die §§ 18 und 19 ZwVwV ein. Die Änderung der Mindestvergütung § 20 ZwVwV sowie die Änderung der Auslagenpauschale, § 21 ZwVwV, finden Einzug in die Erläuterungen. Am Ende zeigen drei Tabellen:
- Auflistung typischer Arbeiten, die im Verlauf eines Zwangsverwaltungsverfahrens anfallen (können) und wie diese zwischen hoch qualifizierter und normaler Tätigkeit zu unterscheiden sind, oder gar lediglich als Hilfstätigkeit anfallen.
- Regelstundensätze gestaffelt je nach Art, Güte und Schwierigkeit.
- Erhöhungstatbestände – Faustregeltabelle mit einer Fülle von Entscheidungen über die Gewährung von Erhöhungen der Regelvergütung, und ganz selten zu findenden Minderungstatbeständen.
Zwangssicherungshypothek
1.121. Zwangssicherungshypothek für mehrere Unterhaltsgläubiger bei Zwangsgeldfestsetzung
Wolf Schulenburg (VE 2024, 85 – 87)
Der Vater blockiert mit Auskünften und „fasst“ ein Zwangsgeld i. H. v. 5.000 €. Die beiden auskunftsbegehrenden Unterhaltsgläubiger wollen dieses in Form einer Zwangssicherungshypothek vollstrecken lassen. Zunächst sei aber festzuhalten, das Zwangsgeld gebühre ausschließlich der Staatskasse, nicht der Partei. Die Besonderheiten des Falls, Vollstreckung zu Gunsten eines Dritten (Staatskasse), Erläuterung des Gemeinschaftsverhältnisses (einmal begehrtes Zwangsgeld, aber für jeden Gläubiger in voller Höhe) sowie die gebührenrechtliche Seite (Gerichtskosten beim Grundbuchamt, RVG-Gebühren) sind dargestellt.
1.122. Eintragung von Zwangshypotheken nach dem 1. 1. 2024 zulasten bereits zuvor im Grundbuch eingetragener GbR
Hauke Lorenzen (DNotZ 2024, 163 – 175)
Einleitend wird kurz das MoPeG vorgestellt. Eine GbR benötige keine Eintragung im Gesellschaftsregister – will sie jedoch am Grundbuchverkehr teilnehmen, geht es ohne jedoch nicht. Stichwort Voreintragung. Aber will sie überhaupt teilnehmen, wenn der Gläubiger eine Zwangssicherungshypothek begehrt? Genau diese Frage untersucht Lorenzen: Wie ist nach neuem Recht zu verfahren, wenn die GbR noch keine eGbR ist, aber gegen sie dinglich vollstreckt werden soll? Der Autor nähert sich der Frage über das OLG Schleswig (v. 6. 4. 2011 – 2 W 60/10, Rpfleger 2011, 368). Dem Gläubiger müsse aus dem Aspekt des Justizgewährungsanspruchs möglich sein, die Zwangssicherungshypothek mit zumutbaren Mitteln in angemessener Zeit eintragen lassen zu können. Es gelte nicht das Übergangsrecht, sondern das bisherige Recht müsse Anwendung finden, der aufgehobene § 899a Satz 1 BGB könne noch herangezogen werden. Der Autor ist jedoch zuversichtlich, dass mit fortschreitender Zeit die Altfälle abnehmen werden.
Buchvorstellung
1.123. Die Rechtsbehelfe in der Zwangsvollstreckung – zwischen Reformbedarf und bewährter Komplexität
Dr. Dzenefa Celikovic, 219 S., Dissertation 2023, Hardcover, Peter Lang GmbH Berlin, ISBN 978-3-631-90490-9 (Print), 49,95 €
Die Autorin, gelernte Rechtspflegerin, jetzt promovierte Anwältin in Köln, legt eine Arbeit über die zahlreichen Rechtsbehelfe in der Zwangsvollstreckung vor. Auf S. 31 werden die Ziele der Abhandlung skizziert:
- Aufzeigen der Schwerpunkte des juristischen Diskurses.
ZfIR 2024, 419
- Kann das bestehende Rechtsbehelfssystem der Zwangsvollstreckung die erörterten Probleme lösen?
- Das Augenmerk soll auf der Einzelzwangsvollstreckung liegen, nicht im Insolvenzrecht. Ausgeklammert ist der Rechtsschutz in Eilverfahren.
- Das der Zwangsvollstreckung vorausgehende Klauselverfahren soll nur am Rande gestreift werden.
- Nicht die Mängel sollen hervorgehoben werden, sondern Gesetzesreformen werden angedacht.
Das Dreiecksverhältnis Gläubiger, Schuldner, Staat ist dargestellt. Hier wird eine leichte Parallele zum öffentlichen Recht (s. etwa § 44 VwVfG) verortet. Allgemeine Verfahrensgrundsätze werden beschrieben. Die Vollstreckungsorgane (Gerichtsvollzieher, Vollstreckungsgericht, Grundbuchamt und Prozessgericht des ersten Rechtszuges) sind vorgestellt. Abschnitt C widmet sich dem derzeitigen Rechtsbehelfssystem. Die akribische Auflistung, beginnend mit der Erinnerung nach § 766 Abs. 1 ZPO bis hin zur Grundbuchbeschwerde nach §§ 71 ff. GBO, beindruckt. Sehr lesenswert ab S. 73 ein historischer Abriss, sowie ab S. 77 die Synopse zur CPO aus dem Jahre 1877 und der jetzigen ZPO. Celikovic weist auf die erstaunliche Tatsache hin, dass die Gesetzestexte nahezu 150 Jahre unverändert geblieben sind. Der nicht umgesetzte Änderungsentwurf einer ZPO aus dem Jahre 1931 wird besprochen.
Zur Abgrenzung zwischen der Vollstreckungserinnerung und der sofortigen Beschwerde verweist die Autorin schon auf sehr früh erkannte Reibungspunkte. In Fußn. 371 wird Niedieck zitiert. Erfreulich wird nicht nur der Band, was früher üblich war, sondern der Jahrgang eingeklammert, genannt (also ZZP 18 (1893) 369, 372 f). Bei der Vollstreckungsabwehrklage wird hinterfragt, wie die Präklusion beim Versäumnisurteil oder Vollstreckungsbescheid zu behandeln ist. Die Interventionsrechte nach § 771 ZPO werden ebenso kritisch hinterfragt. Die Titelgegenklage wird problematisiert. In einem weiteren Hauptschnitt wird die Problematik des derzeitigen Rechtsbehelfssystems aufgezeigt.
Zum Punkt „Lösungsansätze“ werden Gedanken über eine vollständige Umstrukturierung (nicht zielführend) und die Reduktion der Anzahl der Vollstreckungsorgane (etwaige Verlagerung der gesamten Mobiliarvollstreckung auf den Gerichtsvollzieher) gemacht. Auch könne an die Elimination der Rechtsbehelfe gedacht werden, u. a. m. Bei den Lösungsvorschlägen werden konkrete Textvorschläge für die §§ 766, 767, 771 ZPO unterbreitet. Für die Vollstreckung aus Vergleichen soll ein § 797b ZPO eingeführt werden. Im Fazit bemerkt Celikovic, dass die Abgrenzung zwischen der Vollstreckungserinnerung und der sofortigen Beschwerde vom Gesetzgeber vorgenommen werden sollte. Hier sollte Rechtssicherheit geschaffen werden. Im Ausblick wird auf die fortschreitende Digitalisierung hingewiesen.
Celikovics Arbeit leistet einen wichtigen Beitrag zu einer Fortentwicklung des Rechts. Gerade im ZVG sind Erinnerungen nach § 766 Abs. 1 ZPO von mehr oder weniger seriösen Beratern kurz vor oder noch übler im Versteigerungstermin ein Ärgernis.
Anm. der Red.: Eine Kurzfassung der Dissertation findet sich bei Celivkovic, NZI 2024, 441 (Die Rechtsbehelfe in der Zwangsvollstreckung – reformbedürftig?).
1.124. Kreditsicherung durch Grundschulden
Martin Gladenbeck/Dr. Abbas Samhat, begr. von Dr. Heinz Gaberdiel, XXII, 816 S., Leinen, Erich Schmidt Verlag GmbH & Co. KG, Berlin, 11. Aufl., 2024, ISBN 978-3-503-23840-8 (print), 98,00 €.
Die Autoren beide Syndikusanwälte. Gladenbeck beim Sparkassenverband Bayern, Samhat beim Deutschen Sparkassen- und Giroverband, legen nunmehr die 11. Auflage zum Themenkomplex Grundschuld und Kredite vor. Insgesamt ist der Umfang zur Vorauflage nicht wesentlich erweitert worden. Die Neuauflage verarbeitet jedoch neu ergangene instanz- und höchstgerichtliche Entscheidungen, aktuelle Literatur (etwa Fußn. 5 bei Kapitel 20: Ganter, NZI 2024, 27 (s. Anm. Nr. 1.103) sowie die zwischenzeitlich ergangenen Gesetzesänderungen, als da beispielsweise zu nennen wären die Reform des Betreuungsrechts oder die Einführung des StaRUG, das im Interesse einer Stabilisierung des Schuldners mit Vollstreckungsverboten daherkommt. Was soll man zum Werk sagen – einfach umfassend, wenn man was zur Grundschuld wissen will. Die Grundschuld wohl millionenfach im Grundbuch zu finden, im BGB nur mit wenigen Paragrafen versehen, wird in allen denkbaren Schattierungen von hinten bis vorne beleuchtet. Für die Bankpraxis sind Vordrucke am Ende des Werks eingefügt. Dies wird die Vollstreckungsgerichte weit weniger interessieren, ist doch für diese mit der Zuteilung auf die Grundschuld das Versteigerungsverfahren erledigt, oder noch besser und weniger arbeitsintensiv: das Recht bleibt bestehen. Wer jedoch auf Gläubigerseite tätig wird, dem ist der Gladenbeck/Samhat stets eine wertvolle, unverzichtbare Hilfe. Aber auch den Vollstreckungsgerichten möchte ich das Werk ans Herz legen. Es öffnet den Horizont – das ZVG-Verfahren mit seinen sehr vielen formalen Vorschriften ist nur eine Seite der Medaille des Sachenrechts, die ganzheitliche Abwicklung einer Grundschuld die andere. Wer sich vorwiegend mit der Abt. III des Grundbuchs zu beschäftigen hat, kommt an der Neuauflage des Werks nicht vorbei. Die moderate Preissteigerung zur Vorauflage geht vollkommen in Ordnung.