RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG, Köln
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1433-0172
Zeitschrift für Immobilienrecht
ZfIR
2024
ReportBrigitte Schmolke*
Tagungsbericht zum 50. Fachgespräch des eid in Fischen vom 23. – 25. 10. 2024
Hochkarätige Referenten und die gewohnte familiäre Atmosphäre krönten die Jubiläumsveranstaltung „50. Fachgespräch zum WEG“ des eid e. V., Evangelischer Immobilienverband Deutschland e. V., in Fischen. Die Veranstaltung, deren Moderation in bewährter Weise Prof. Dr. Martin Häublein, Innsbruck, übernommen hatte, beschäftigte sich mit allen Aspekten der Beschlussfassung im Wohnungseigentumsrecht.
Nach der Begrüßung durch den 1. Bürgermeister von Fischen im Allgäu, Bruno Sauter, und dem Grußwort von Uwe Gießelmann, Präsident des eid, Evangelischer Immobilienverband Deutschland e. V., die von einer filmischen Zusammenfassung früherer Veranstaltungen und deren Teilnehmern begleitet wurde, nahm Prof. Dr. Dres. h. c. Wolfgang Ernst, All Souls College, Oxford, UK, die Zuhörer „auf dem WEG zum Beschluss“ mit und beleuchtete juristische und tatsächliche Aspekte einer zum Beschluss führenden Willensbildung. Der Referent stellte fest, dass es allgemein nur wenig Festlegungen für das Fassen von Beschlüssen und Entscheidungen gäbe. Z. B. seien aber Ordnungs- vor Sachbeschlüssen zu fassen und eine Abstimmung könne nur nach einem Antrag erfolgen. Er erarbeitete den Konflikt zwischen Selbstorganisation der Versammlung und der Organisationszuständigkeit des Versammlungsleiters heraus. Die Antragshäufung stelle die Königsdisziplin der Abstimmung dar, der Referent empfahl daher bei einer Eventualabstimmung vom Kleinen zum Großen zu gehen und durchaus Pausen bei komplexen Antragshäufungen zu gewähren. Grundsätzlich ließe sich ein strategisches Abstimmungsverhalten nicht verhindern und auch eine transparente und fair aufgebaute Beschlussfassung sei kein Allheilmittel gegen den Krieg streitender Wohnungseigentümer.
Dr. Oliver Elzer, Vorsitzender Richter am KG, Berlin, beantwortete in seinem Referat „Der Zweitbeschluss als Instrument ordnungsmäßiger Verwaltung“ die Frage mit „Ja“, ob Wohnungseigentümer grundsätzlich befugt seien, über eine schon geregelte Angelegenheit, bei bestehender Beschlusskompetenz, erneut zu beschließen. Selbst bei der gerichtlichen Beschlussersetzung und obwohl BGH v. 10. 11. 2023 – V ZR 51/23, ZfIR 2024, 162 (m. Anm. Elzer, S. 168) auf anderes hindeute, sei nach Meinung des Referenten auch der gerichtliche Beschluss als Produkt und nicht als Urteil zu sehen und einer Änderung zugänglich. Hier sei eine einfache Mehrheit gem. § 23 Abs. 1a WEG trotz vorgängiger erforderlicher qualifizierter Mehrheit ausreichend. Erst wenn sich mehrfache Anfechtungen als rechtsmissbräuchlich darstellten, wie z. B. im Urteil des BGH vom 10. 2. 2023 (V ZR 246/21, ZfIR 2023, 388 (m. Anm. Abramenko, S. 392)), sei der Beschluss nach allgemeiner Meinung anfechtbar, obwohl der Referent dann Nichtigkeit vorzugswürdig fand. Prüfsteine für die Annahme schutzwürdiger Belange seien rechtliche Nachteile, Eingriff in wohlerworbene Rechte, Schaffung einer günstigen Rechtsposition oder schutzwürdiger Vorkehrungen und wenn es für den Zweitbeschluss keinen nachvollziehbaren Grund gebe bzw. dieser rechtsmissbräuchlich sei. Auch gebe § 44 Abs. 1 Satz 2 WEG keinen Anspruch auf Zweitbeschluss, wenn ein vorgängiger Beschluss rechtskräftig festgestellt sei.
Prof. Dr. Florian Jacoby, Universität Bielefeld, stellte die „Materielle Begrenzung der Gestaltungsmacht der Eigentümer“ in den Zenit seines Vortrags und statuierte, dass, wenn Verbotsgesetze wie § 3 Abs. 1 HeizkostenV (BGH v. 17. 2. 2012 – V ZR 251/10, ZfIR 2012, 432 (m. Anm. Rüscher, S. 435)) oder Vorschriften zum Brandschutz einer Landesbauordnung (BGH v. 28. 1. 2022 – V ZR 106/21, ZfIR 2022, 276 (m. Anm. Lang, S. 280)) vorlägen, die keine reinen Ordnungsvorschriften sind, die Beschlussfassung eingeschränkt sei. Bei Vereinbarungen seien ZfIR 2024, 569als Gestaltungsgrenze der Verstoß gegen die Grundgedanken des WEG, namentlich Eingriffe in den Kernbereich z. B. beim Musizieren und TV-Empfang, Regelungen zum Sachenrecht und zum Vertretungsrecht nach außen, anzusehen. Bestehende Öffnungsklauseln und Vereinbarungen müssten darauf untersucht werden, welche Beschlüsse gegebenenfalls trotzdem möglich sind, bei den Gebrauchsregeln sperre § 19 Abs. 1 WEG grundsätzlich einen Beschluss, es dürfe nicht vergessen werden, dass Beschränkungen nur mit Zustimmung des Berechtigten erfolgen dürften.
Einzuhaltende Vorschriften besprach Andre Jahns, Verwalter, Wolfenbüttel, im Rahmen des Themas „Übernahme des Verwalteramtes vom Vorgänger – auf was man achten sollte!“ und warnte vor der Übernahme der Unterlagen in einer „Schuhschachtel“, der Verwalter müsse um die rechtlichen Randbedingungen der Verwaltungsübernahme wissen, geschuldet sei nach Auffassung des Referenten die Kontinuität der Verwaltung. Der Vorverwalter schulde die Herausgabe sämtlicher Unterlagen auch solcher in elektronischer Form und auch Rechnungslegung. Die Erhaltung der Unterlagen sei als Holschuld gekennzeichnet, allerdings müssten strukturierte Daten vorgelegt werden, eine Pflicht zur Kompatibilität bestünde jedoch nicht. Der Referent empfahl Checklisten, um die Übernahme einfach zu gestalten und eine genaue Prüfung der erhaltenen Unterlagen vor der Erteilung einer Quittung.
Klar und strukturiert, jedoch nicht ohne Gegenmeinung stellte sich Dr. David Greiner, Rechtsanwalt, Tübingen, dem Thema „Abrechnung für bei der Amtsübernahme bereits abgeschlossene Wirtschaftsjahre“. Nicht nur durch das Urteil des LG Koblenz v. 5. 2. 2024 (2 S 34/23, ZfIR 2024, 563 (LS) – in diesem Heft) ergebe sich, dass die Gemeinschaft trotz der Universalzuständigkeit des Verwalters zur Erstellung der Abrechnung verpflichtet sei, wenn die Abrechnungspflicht entstünde. Beim Verwalterwechsel ab dem 1. Januar eines Jahres sei nach BGH v. 16. 2. 2018 – V ZR 89/17, ZfIR 2018, 455 (m. Anm. Lang, S. 457)) dies der neu gewählte Verwalter, der zwar eine Plausibilitätskontrolle schulde, aber Ausgaben und Einnahmen komplett nachbuchen müsse. Allerdings sei die tatsächliche Erstellung der Abrechnung durch den früheren Verwalter einfacher, da dieser durch Knopfdruck Einzelabrechnungen erstellen könne, was die Anwesenden als nicht unbedingt zutreffend empfanden. Für weiter zurückliegende Jahre habe das AG Kassel (Urt. v. 11. 11. 2021 – 800 C 1850/21, ZfIR 2022, 99 (LS)) festgestellt, dass der alte Verwalter in die Pflicht zu nehmen sei, dies jedoch auch, wenn die dem neuen Verwalter übergebenen Buchhaltungsunterlagen falsch oder lückenhaft seien, hier käme Nachbesserung oder Schadensersatz infrage. Gleiches gelte, wie der Referent auf Nachfrage beantwortete, auch für den Vermögensbericht. Der Referent stellte anheim, den Verwalterwechsel in der Jahresmitte zu vereinbaren, damit Zeit für eine problemlose Übergabe und Erstellung der Abrechnung gegeben sei.
Vortrag und Conclusio des Themas „Ort und Zeit der Versammlung – ist ein Umdenken notwendig?“, vorgetragen von Dr. Olaf Riecke, weiland Richter am AG Hamburg-Blankenese, fanden regen Beifall der anwesenden Teilnehmer. Der Referent wies zunächst auf allgemeine Grundsätze und bereits entschiedene Sachverhalte hin, dass z. B. eine Einberufung als zur Unzeit beurteilt werden kann, wenn ein Miteigentümer wegen des höchsten jüdischen Feiertages am Vorabend der Versammlung mitgeteilt hatte, er vermöge nicht teilzunehmen (LG München I ZMR 2020, 689). Er skizzierte dann die Auffassung eines Teils der Literatur, wonach die Bestimmung von Ort und Zeit einer Eigentümerversammlung bei der Einberufung nach § 24 Abs. 1, 2 und 5 WEG in der alleinigen Entscheidungsmacht des Verwalters läge, da gem. § 24 Abs. 1 WEG die Einberufung als Spezialzuständigkeit in die Kompetenz des Verwalters falle. Ein anderer Teil sähe die Beschlusskompetenz allein bei der Gemeinschaft verortet. Mangels nicht gegebener Beschlusskompetenz kann ein auswärtiger Versammlungsort nicht verbindlich festgelegt werden, die Beschlusskompetenz allein auf § 19 WEG zu stützen, liefe aber wegen des dann doch weiten Verwaltungsbegriffs auf eine umfassende und zu weit gefasste gesetzliche Regelung hinaus. Möglich für eine Dauerregelung sei lediglich eine Öffnungsklausel in der Gemeinschaftsordnung. Gleichwohl sei zulässig, jeweils für den Einzelfall den erforderlichen Zeitbedarf zu bestimmen, eine stundenweise Rückrechnung vorzunehmen und dann eine Versammlung auch vor 17.00 Uhr festzusetzen. Die nun möglichen virtuellen Versammlungen gem. § 23 Abs. 1a WEG können im Anschluss an die übliche Kernarbeitszeit terminiert werden, der Referent empfahl, für die Verwalter hilfreich, bereits im Verwaltervertrag Zuschläge bei bis in die Nacht hinein dauernden Versammlungen zu vereinbaren, jedenfalls könne die Gemeinschaft den Verwalter zur Festsetzung des Beginns der Versammlung nicht rechtswirksam anweisen.
Zum aktuellen Thema „Virtuelle Eigentümerversammlung – welche Probleme löst sie, welche entstehen neu?“ trug Prof. Dr. Hartmut Wicke, LL. M., Notar, München, wegen der seit dem 17. 10. 2024 zulässigen, rein virtuellen Eigentümerversammlung vor, wobei hier nur Versammlungen in Cyberspace, ohne physischen Versammlungsort, gemeint seien, wie der Referent klarstellte. Mit einer qualifizierten Mehrheit von drei Vierteln der abgegebenen Stimmen nach § 23 Abs. 1a WEG können rein virtuelle Versammlungen für drei Jahre ab Beschlussfassung beschlossen werden, eine Vergleichbarkeit hinsichtlich Teilnahme und Rechteausübung mit der Präsenzveranstaltung müsse jedoch gegeben sein. Hier werde man von einer Videokonferenz mit Zwei-Wege-Audio und Videoverbindung in Echtzeit ausgehen können. Auch müssten Rederecht, Fragerecht, Recht zur Antragstellung und Stimmrecht realisiert sein. Sei ein derartiger Beschluss bis 1. 1. 2028 gefasst, sei bis einschließlich 2028 mindestens einmal im Jahr eine Präsenzveranstaltung durchzuführen, außer die Wohnungseigentümer verzichteten hierauf einstimmig, wie § 48 Abs. 6 WEG bestimme. Das Gesetz sehe vor, dass der Verwalter im Rahmen eines Ermächtigungsbeschlusses Weisungen erhalten könne, ob und wie oft zusätzlich Präsenzversammlungen stattfinden und technische und tatsächliche Fragen gelöst werden sollen. Schließlich empfahl der Referent in jedem Fall die Möglichkeit, virtuelle Versammlungen vorzusehen, auch wenn diese nicht ohne Präsenzveranstaltungen umgesetzt würden, da im Falle einer wieder auftretenden Pandemie kein Problem bei weiteren Beschlussfassungen bestünde. Fraglich sei, ob im Rahmen der DSGVO ZfIR 2024, 570tatsächlich die Einwilligung jedes einzelnen, da diese gegebenenfalls nicht erreicht würde, erforderlich ist und hierdurch die als fortschrittlich empfundene Technik konterkariert würde. Auch solle ein Passwort vergeben werden, um die Nichtöffentlichkeit zu gewährleisten, Störungen aus der Sphäre der Gemeinschaft könnten gegebenenfalls Anfechtungsgründe bedeuten. Für die hybride Versammlung gäbe es noch keine Entscheidungsermächtigung des Verwalters, diese solle jedoch vorgesehen werden und dem Verwalter die Entscheidung überlassen werden, ob die Versammlung in Präsenz, hybrid oder virtuell stattfindet.
Die „Haftung des Verwalters gegenüber einzelnen Wohnungseigentümern“ betrachtete Dr. Frank Zschieschack, VRiLG Frankfurt/M., und stellte fest, dass der Verwalter den Eigentümern nunmehr nur noch als Organ der GdWE gegenübertritt. Es gebe somit keinen Direktanspruch auf Beschlussumsetzung, auf Jahresabrechnung oder auf Zustimmung nach § 12 WEG gegen den Verwalter direkt, nur noch, wenn der Verwalter z. B. anlässlich einer Wohnungsbesichtigung einen Schaden verursache, hafte er unmittelbar. Hierbei sei zu beachten, dass ein Schaden aufgrund fehlerhaften Verwalterhandelns bei der GdWE nicht nachhaltig besteht, da dieser auf die einzelnen Miteigentümer im Rahmen der Jahresabrechnung umgelegt wird. Wenn der Verwalter jedoch einen anderen Handwerker zu höheren Kosten beauftragt, als durch Beschluss genehmigt, entstünde der Gemeinschaft, wegen der Möglichkeit der Weitergabe der Kosten in der Jahresabrechnung, kein Schaden, wie BGH – V ZR 86/22 (v. 21. 4. 2023, ZfIR 2023, 591 (LS)) wegen des Ausgleichs durch Beitragszahlungen klarstelle. Kosten des obsiegenden Klägers könne die Gemeinschaft nach § 16 Abs. 2 Satz 2 diesem erlassen, ein Anspruch hierauf bestünde aber nicht. Zwar müsse sich die GdWE das Handeln des Verwalters als ihr Organ zurechnen lassen, aber auch hier müsse der den Schadensersatz geltend machende Eigentümer mitfinanzieren. Theoretisch sinnvoll sei eine Streitverkündung gegenüber der Verwaltung. Wenn die Gemeinschaft sich weigere, gegen den Verwalter bei bestehendem Anspruch vorzugehen, sei der Weg zur Beschlussersetzungsklage offen. Sollte die Gefahr drohen, dass während der Beschlussersetzungsklage der Anspruch gegen den Verwalter verjährt, sei die Beschlussersetzung im Wege der einstweiligen Verfügung nach § 945 ZPO eine durchaus anerkennenswerte Überlegung, da der Eigentümer nicht schutzlos sein dürfe, überlegte der Referent.
Mit „Auswirkungen von Entlastungsbeschlüssen – was bei Vorbereitung und Beschluss zu beachten ist“, beschäftigte sich Dr. Michael Sommer, LL. M., Rechtsanwalt, Augsburg. Der Referent stellte klar, dass die Entlastung im Wohnungseigentumsgesetz, anders als im Aktienrecht, nicht geregelt sei. Der BGH sehe hier nicht nur eine Vergangenheitsbezogenheit bezüglich übernommener und vertragsgemäß erfüllter Pflichten, sondern auch einen Vertrauensbeweis durch die Entlastung für die zukünftige Geschäftsführung und Grundlage einer weiteren vertrauensvollen Zusammenarbeit. Nach Auffassung des Referenten handele es sich um ein Rechtsinstitut sui generis als einseitige, organschaftliche Erklärung, dies komme den allgemeinen Interessen näher, als die jetzt noch häufig zu findende Überlegung einer rechtsgeschäftlichen, beiderseitigen Erklärung, die sowieso nur durch Übertragung des Versammlungsvorsitzes auf eine dritte Person wirksam geschlossen werden könne. Der Wunsch zur Entlastung spiele sich dann vielmehr intern in der gemeinschaftlichen Vorstellung ab. Bei einer Entlastung seien von der Präklusion sowohl Schadensersatzansprüche als auch Ansprüche aus GoA und ungerechtfertigter Bereicherung umfasst, nicht jedoch Ansprüche der Sondereigentümer oder strafrechtliches Verhalten. Die Verzichtswirkung sei dabei beschränkt auf erkannte oder erkennbare Ansprüche, wobei auf die Vorstellungen aller Wohnungseigentümer, nicht nur auf einzelne Wohnungseigentümer oder den Verwaltungsbeirat abzustellen ist. Es käme auf das Wissen der Gemeinschaft bei der Versammlung an, eine Nachforschungspflicht bestehe jedoch nicht. Der Verwalter, der zugleich Wohnungseigentümer sei, sei bei seiner Entlastung nicht stimmberechtigt, die Möglichkeit einer Untervollmacht, so sie eingeräumt ist, erhalte dem Bevollmächtigten jedoch das Stimmrecht.
Dem Thema „Probleme der erstmaligen Herstellung einer GEG-konformen Heizungsanlage“ stellte sich Dr. Patrick Meier, Notar, Bischofsheim i. d. Rhön. Der Referent wiederholte die Grundlagen, hier insbesondere § 5 Abs. 2 WEG, wonach zwingend Gemeinschaftseigentum vorläge, wenn es mindestens zwei Einheiten gäbe, denen die fragliche Anlage dienen würde. Bei einem Heizkörper sei Gemeinschaftseigentum anzunehmen, wenn hierüber in der Teilungserklärung keine Regelung getroffen ist. Es müsse stets bei der Beschlussfassung zwischen § 18 WEG im Rahmen der Erhaltung und § 20 WEG hinsichtlich baulicher Veränderungen, die über reine Erhaltungsmaßnahmen hinausgingen, entschieden werden. Nicht vom GEG geforderte Umbaumaßnahmen fielen unter § 20 Abs. 1 WEG. Bei der anschließenden Fragerunde äußerte Notar Prof. Dr. Stefan Hügel, dass es am besten sei, die Rechtsqualität von baulichen Einrichtungen, also ob Sonder- oder Gemeinschaftseigentum vorliegt, nicht in der Teilungserklärung festzulegen.
Pflichten und Ablauf beim „Austausch von Gasetagenheizungen als Herausforderung für die Verwalterpraxis – das Verfahren nach § 71n GEG“ stellte sich Luzia Traut, Rechtsanwältin, München. Die Verwalter wurden informiert, dass bis spätestens 31. 12. 2024 beim Bezirksschornsteinfeger Informationen bezüglich der entsprechenden verwalteten Anlage angefordert und die dann erhaltenen Informationen aufbereitet den Eigentümern bis zum 30. 9. 2025 vorgelegt werden müssen. § 71 Abs. 1 GEG sehe darüber hinaus vor, dass eine nach dem 1. 1. 2024 neu eingebaute Heizungsanlage mindestens 65 Prozent der mit der Anlage bereitgestellten Wärme mit erneuerbaren Energien oder unvermeidbarer Abwärme erzeugen müsse. Für die Verwalter gelte es zu ermitteln, ob Wohnungseigentümer auch eigenmächtig den Austausch einer Etagenheizung herbeigeführt hätten, da dann unverzüglich eine Versammlung einzuberufen und fünf Jahre nach dem Austausch ein Beschluss über die Erfüllung der Anforderungen nach § 71 Abs. 1 GEG herbeizuführen sei. Wenn es keine Entscheidung innerhalb der Fünfjahresfrist über das weitere Vorgehen gibt, bleibe die Eigentümergemeinschaft zur vollständigen Umstellung auf eine zentrale Heizungsanlage verpflichtet. Nach § 71n Abs. 6 GEG könnte eine Mehrheit von zwei Dritteln der abgegebenen Stimmen und mehr als der Hälfte der Miteigentumsanteile auch die ZfIR 2024, 571Beibehaltung der Etagenheizung bestimmen, die so verbliebenen Heizungen hätten aber dann die Anforderungen des § 71 Abs. 1 GEG zu erfüllen.
Traditionsgemäß gab auch dieses Jahr Dr. Bettina Brücker, VRiBGH, Karlsruhe, einen Überblick über aktuelle Rechtsprechung des BGH zum Wohnungseigentumsrecht des letzten Jahres. Aufgrund der neuen Gesetzgebung, erläuterte die Referentin, würden nun auch langsam in der höchstrichterlichen Rechtsprechung die Auswirkungen des Paradigmenwechsels erkennbar. In den BGH-Urteilen vom 21. 7. 2023 (V ZR 90/22, ZfIR 2024, 73 (m. Anm. Rüscher, S. 76)), vom 22. 3. 2024 (V ZR 141/23, ZfIR 2024, 412 (LS)), vom 5. 7. 2024 (V ZR 34/24, ZfIR 2024, 510 (m. Anm. Blankenstein, S. 513)) und vom 19. 4. 2024 (V ZR 167/23, ZfIR 2024, 519 (LS)) erkenne man die Stärkung des Verbands und des Verwalters, seines Organs sowie die zukünftig bestimmte Verwaltung gemeinschaftlichen Eigentums gem. § 18 Abs. 1 WEG durch die GdWE. Ansprüche auf Zustimmung des Verwalters zur Veräußerung, auch wenn es in der Teilungserklärung „die anderen Wohnungseigentümer“ heiße, Ansprüche wegen Pflichtverletzungen des Verwalters und Ansprüche auf Erstellung der Jahresabrechnung richteten sich nunmehr gegen die GdWE, unmittelbare Rechtsbeziehungen zwischen Wohnungseigentümern, aber auch zwischen Wohnungseigentümern und Verwalter werden gekappt. Ein Verschulden des Verwalters werde der GdWE nach § 31 BGB analog zugerechnet, in Übergangsfällen sei ein Parteiwechsel ohne weiteres zulässig, bei dessen Unterbleiben sei die Klage aber abzuweisen. BGH – V ZR 195/23 (v. 20. 9. 2024) statuiert, dass Fehler der Jahresabrechnung sich auf die Abrechnungsspitze auswirken müssen, um eine Beschlussanfechtung zu begründen, der Fehler müsse sich also auf die Zahlungspflicht des Wohnungseigentümers auswirken, wobei der Ausweis der Umsatzsteuer abrechnungsneutral sei. Nach BGH – V ZB 9/23, (v. 25. 10. 2023, ZfIR 2024, 83 (LS)) ist ein Beschluss, der den Wirtschaftsplan genehmigt, dahingehend auszulegen, dass die Wohnungseigentümer lediglich die Höhe der Vorschüsse festlegen wollten, was nach BGH – V ZR 102/23 (v. 19. 7. 2024) ebenso für die Einforderung von Nachschüssen oder Anpassung der beschlossenen Vorschüsse bei einer Jahresabrechnung gilt. Im Urteil des BGH vom 20. 9. 2024 (V ZR 235/23) wird festgestellt, dass die bestehende Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer eine erste Beschlussfassung, aber auch die erneute Beschlussfassung über geregelte Angelegenheiten umfasst, wenn der Zweitbeschluss ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, ein zwischenzeitlicher Eigentumswechsel stehe nicht entgegen. So dürften Zweitbeschlüsse über abgelaufene Abrechnungsperioden für einen Wirtschaftsplan gefasst werden, wenn der Erstbeschluss rechtskräftig für ungültig erklärt wurde oder berechtigte Zweifel an der Wirksamkeit bestehen, ebenfalls auch Verjährungsvorschriften nicht umgangen werden. Die Referentin zeigte auf, dass § 16 Abs. 2 WEG n. F. eine weitrechende gesetzliche Öffnungsklausel darstelle und generelle Regelungen, z. B. bei Kosten für Doppelparker, für die Zukunft möglich seien, auch wenn es zu einer gänzlichen Befreiung oder einer erstmaligen Belastung mit Kosten käme, wobei dringend eine fristgerechte Anfechtung erforderlich sei, wenn die Ungültigkeit erwiesen werden solle. Im BGH-Urteil vom 22. 3. 2024 (V ZR 81/23, ZfIR 2024, 268 (LS)) muss der Maßstab der Kostenverteilung angemessen, nicht ungerechtfertigt benachteiligend und den Gebrauch oder die Möglichkeit des Gebrauchs in den Blick nehmend gestaltet sein. Vertrauen in einen dauerhaften Bestand und dass Kostenverteilungsschlüssel sich nicht ändern, sei nicht gegeben. Auch im Urteil des BGH vom 22. 3. 2024 (V ZR 87/23, ZfIR 2024, 268 (LS)) bei einer erstmaligen Überbürdung der Kosten für Fensterreparaturen sei im konkreten Einzelfall Maßstabskontinuität nur bei Folgebeschlüssen zu beachten. Die nach dem WEMoG gegebene Verpflichtung des obsiegenden Beschlussklägers, die Prozesskosten der unterlegenen GdWE anteilig mitzufinanzieren, könne von der WEG nach BGH – V ZR 139/23 (v. 19. 7. 2024, ZfIR 2024, 551 (m. Anm. Horn, S. 556 – in diesem Heft) auch anders beschlossen werden. Wenn ein faktisches Sondernutzungsrecht durch die Gestattung gem. § 20 WEG n. F. bei einer qualifizierten baulichen Veränderung (Barrierereduzierung, Personenaufzug) gegeben ist, sei dies nach BGH – V ZR 244/22 (v. 9. 2. 2024, ZfIR 2024, 308 (m. Anm. Neumann, S. 315)) hinzunehmen, auch bei ausschließlicher Nutzung eines Hofteils nur durch eine Anzahl von Miteigentümern. Gründe für die Unangemessenheit der baulichen Maßnahmen müssen im Verfahren vorgetragen werden, nur Nachteile, die bei wertender Betrachtung außer Verhältnis zu ihrem Zweck stehen, seien kritisch. Offengeblieben sei, wer Bauherr der Maßnahme würde. Im Rahmen des BGH-Urteils vom 9. 2. 2024 (V ZR 33/23, ZfIR 2024, 322 (LS)) sei nicht zu prüfen, ob ein Anspruch nach § 20 Abs. 2 WEG bei der erfolgten Genehmigung einer Rampe bestünde, nur die Schranke des § 20 Abs. 4 WEG sei maßgeblich, wenn eine Barrierereduzierung Gegenstand der beantragten Beschlussfassung ist.
Hinsichtlich des Urteils vom 19. 7. 2024 (V ZR 226/23) führte die Referentin aus, dass bauliche Veränderungen gem. § 20 Abs. 1 WEG mehrheitlich auch dann beschlossen werden könnten, wenn die Nutzungsbefugnis an dem dafür vorgesehenen Gemeinschaftseigentum dauerhaft nur dem bauwilligen Wohnungseigentümer zustehen würde. Es schade auch nicht, dass dann eine in einer Vereinbarung vorgesehene Nutzung des Gemeinschaftseigentums faktisch nicht mehr möglich sei, obwohl dies bei einer Gebrauchsregelung gem. § 19 Abs. 1 WEG, die unter dem Vorbehalt einer Vereinbarung stehe, der Fall sei. Die Vereinbarung sei nicht geändert, es ergebe sich nur ein faktischer Widerspruch zwischen vereinbarter Nutzung und realisierter baulicher Maßnahme, für Kompensationszahlungen bauwilliger Wohnungseigentümer an die übrigen Wohnungseigentümer bestehe jedoch keine Beschlusskompetenz, was letztendlich dann doch zur Gesamtnichtigkeit gem. § 139 BGB geführt habe. Nach dem Urteil vom 26. 1. 2024 (V ZR 162/22, ZfIR 2024, 256 (m. Anm. Greiner, S. 260)) gehöre es zu den Pflichten des Verwalters, Erhaltungsmaßnahmen am Gemeinschaftseigentum wie ein Bauherr zu überwachen und zu prüfen, ob bestimmte Leistungen erbracht und Abschlagszahlungen gerechtfertigt sind. In einen Gesamtvermögensvergleich einzubeziehen, aber auch – und von der GdWE nachzuweisen – ist, dass keine werthaltigen Leistungen des Handwerkers bestehen. Eine Haftung des Verwalters wegen pflichtwidriger Abschlagszahlungen scheide aber aus, wenn eine Nacherfüllung noch erfolg-ZfIR 2024, 572reich sein könnte, sei sie nicht mehr möglich, hafte der Verwalter neben dem Werkunternehmer, jedoch nur Zug um Zug gegen Abtretung der auf Geldzahlung gerichteten Ansprüche. Für die Verwalter wichtig empfahl die Referentin, Zahlungen und Materiallieferungen sorgfältig zu prüfen, Rechnungen zu verlangen wie ein vernünftiger Bauherr bzw. auf den Einsatz von Sonderfachleuten bei fehlender eigener Sachkunde hinzuwirken. Anschließend wurde anhand des Urteils vom 5. 7. 2024 (V ZR 241/23, ZfIR 2024, 519 (LS)) erläutert, dass Wohnungseigentümer die Kompetenz haben, Entscheidungen über die Verwaltung und Benutzung des gemeinschaftlichen Eigentums auf den Verwalter zu delegieren, wenn zumindest die grundlegende Entscheidung über eine bauliche Maßnahme getroffen wurde und der Verwalter nur über die Ausführung im Einzelnen entscheiden solle, wobei nicht vorausgesetzt sei, dem Verwalter einen verbindlichen Entscheidungsmaßstab vorzugeben. Es reiche, wenn ein Budget, die Maßnahme als solche und die Einholung von Angeboten beschlossen seien, insbesondere dann, wenn die GdWE noch vorgebe, dass die Fenster dem bisherigen Standard entsprechen müssen. Hier gelte, dass je weiter die Delegation reiche, desto weniger bestimmt die im Beschluss enthaltene Beschreibung der vom Verwalter zu treffenden Entscheidungen sein müsse. Der Verwalter sei bereits grundsätzlich an das Gebot der Wirtschaftlichkeit und daran gebunden, dass die Finanzierung vor Erteilung von Aufträgen gesichert sein müsse. Aus dem Urteil des BGH vom 23. 2. 2024 (V ZR 132/23, ZfIR 2024, 451 (m. Anm. Hansen, S. 454)) sei ersichtlich, dass, wenn bei einer Mehrhausanlage mit weitgehend verselbstständigten Untergemeinschaften nur ein Haus nach Errichtung Mängel aufweise, die gesamte Gemeinschaft berechtigt sei, Ansprüche auf ordnungsmäßige Herstellung des Gemeinschaftseigentums gegen den Bauträger an sich zu ziehen. Dies folge daraus, dass zwar vertragliche Mängelrechte den Erwerbern zustünden, diese jedoch koordiniert durchgesetzt werden müssten und unterschiedliche Untergemeinschaften nicht unterschiedliche Mängelrechte geltend machen könnten, weiterhin reiche bei der Erhebung einer Sonderumlage, wenn der geschuldete Einzelbetrag objektiv eindeutig bestimmbar ist. Gegenstand des Urteils vom 8. 3. 2024 (V ZR 80/23, ZfIR 2024, 221 (LS)) war die Ladung einer Verwalterin zu einer Vertreterversammlung, bei der ausschließlich durch von den Eigentümern abzugebende Vollmachten entschieden werden sollte, wobei nur eine kleine Menge von Miteigentümern die Verwaltung bevollmächtigten. Aufgrund der herrschenden Corona-Pandemie und dem Abweichen von verzichtbaren Normen im Rahmen der unauflöslichen Konfliktsituation des Verwalters zwischen Wohnungseigentumsrecht und Infektionsschutzrecht, waren die Beschlüsse gleichwohl nicht als nichtig zu bewerten. Zur Abrundung des Vortrags wies die Referentin auf zu erwartende Entscheidungen hin, so, ob bei den 2G-Vorschriften während der Corona-Pandemie ein Hybridangebot schon während der Ladung erforderlich sei (V ZR 123/23), ob ein Gedenkstein im Ziergarten, der gegen eine Nutzungsbestimmung verstoße, als grundlegende Umgestaltung des gemeinschaftlichen Eigentums angesehen werden könne (V ZR 22/24), ob die Kostenverteilung an alle Wohnungseigentümer trotz vereinbarter Kostentrennung bei der Sanierung eines Garagendachs rechtmäßig sei (V ZR 236/23), wie sich die Änderung der Kostenverteilung für eine Erhaltungsrücklage gestalte (V ZR 128/23) sowie weitere nicht näher benannte Entscheidungen.
Dr. Melanie Falkner, Notarin, Ochsenfurt, informierte die Anwesenden über Auswirkungen im Rahmen der „Änderung des Kostenverteilungsschlüssels“ und beschäftigte sich mit der Maßstabskontinuität. Der Rechtsprechung folgend können Einzelfälle ohne Berücksichtigung zukünftiger Fallgestaltungen geregelt werden, man könne aber im Beschluss bereits darauf abstellen, wie die Referentin empfahl, dass die getroffene Regelung nur im Einzelfall gelten solle oder zumindest eine betragsmäßige Grenze beschließen. Die Referentin beleuchtete schließlich einzelne Kostenverteilerschlüssel und sinnvolle Regelungen bei unterschiedlichen Sachverhalten, wie bei allen Miteigentümern zugutekommenden Maßnahmen, Außenbeleuchtung, Baumentfernung und Sanierung von Treppenhausfenstern.
Im letzten Vortrag gab Jost Emmerich, RiOLG, München, ein Update zu „privilegierten baulichen Veränderungen“ und nahm vor allem die Steckersolargeräte aufgrund des seit 17. 10. 2024 in Kraft getretenen Gesetzes in den Blick, insbesondere zu § 20 Abs. 2 Satz 1 WEG. Nach Darstellung der technischen Gegebenheiten empfahl er den Verwaltern die Gebäudehaftpflichtversicherung zu überprüfen und sich über eine mögliche Haftung nach § 836 BGB für Schäden Dritter und die Verkehrssicherungspflicht durch Gestattung zu informieren. Ebenso empfahl er, den bauwilligen Miteigentümern sämtliche möglichen Informationen über technische Belange abzuverlangen, wobei Auflagen das Verlangen auf die Einrichtung der Steckersolargeräte aber nicht entwerten dürften.
Die Veranstaltung ging dann nach einer sowohl rechtlich, technisch als auch gemeinschaftlich inhaltsreichen Zeit mit vielen Sonderveranstaltungen anlässlich des 50-jährigen Jubiläums zu Ende, wobei viele der immerhin 450 im Saal Anwesenden insbesondere den intensiven Kontakt zu Kollegen und Vortragenden als angenehm und begrüßenswert empfunden haben und wohl auch zur nächsten Veranstaltung anreisen werden.
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- *)Rechtsanwältin und Fachanwältin für Miet- und Wohnungseigentumsrecht, München