ZfIR 2017, A 5

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BGH: Bausparverträge nach 10jähriger Zuteilungsreife kündbar

BGH entschied in zwei im wesentlichen Punkt parallel gelagerten Revisionsverfahren, dass eine Bausparkasse Bausparverträge gemäß § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB in der bis zum 10. 6. 2010 geltenden Fassung (im Folgenden a. F.) – jetzt § 489 Abs. 1 Nr. 2 BGB – kündigen kann, wenn die Verträge seit mehr als zehn Jahren zuteilungsreif sind, auch wenn diese noch nicht voll bespart sind (BGH, Urt. v. 21. 2. 2017 – XI ZR 185/16 und XI ZR 272/16).
In dem Verfahren XI ZR 185/16 schloss die Klägerin am 13. 9. 1978 mit der beklagten Bausparkasse einen Bausparvertrag über eine Bausparsumme von 40.000 DM (= 20.451,68 €). Der Bausparvertrag war seit dem 1. 4. 1993 zuteilungsreif. Im Jahr 2015 erklärte die Beklagte die Kündigung des Bausparvertrages unter Berufung auf § 489 Abs. 1 BGB. Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Beklagte den Bausparvertrag nicht wirksam habe kündigen können, und begehrt in der Hauptsache die Feststellung, dass der Bausparvertrag nicht durch die erklärte Kündigung beendet worden ist. Das LG wies die Klage ab. Auf die Berufung der Klägerin änderte Berufungsgericht das Urteil ab und gab der Klage mit Ausnahme eines Teils der Nebenforderungen statt.
In dem Verfahren XI ZR 272/16 schloss die Klägerin gemeinsam mit ihrem verstorbenen Ehemann, den sie als Alleinerbin beerbt hat, mit der beklagten Bausparkasse am 10. 3. 1999 einen Bausparvertrag über eine Bausparsumme von 160.000 DM (= 81.806,70 €) und am 25. 3. 1999 einen weiteren Bausparvertrag über eine Bausparsumme von 40.000 DM (= 20.451,68 €). Hier kündigte die Beklagte ebenfalls die beiden Bausparverträge in 2015, nachdem diese seit mehr als zehn Jahren zuteilungsreif waren.
In beiden Verfahren hob der BGH nun die Urteile des Berufungsgerichts auf, soweit zum Nachteil der beklagten Bausparkassen entschieden worden ist, und stellte die erstinstanzlichen Urteile wieder her. In Ihrer Begründung führen die Bundesrichter aus, dass auf die Bausparverträge Darlehensrecht anzuwenden ist, denn während der Ansparphase eines Bausparvertrages sei die Bausparkasse Darlehensnehmerin und der Bausparer Darlehensgeber. Erst mit der Inanspruchnahme eines Bauspardarlehens komme es zu einem Rollenwechsel.
In Übereinstimmung mit der herrschenden Ansicht in der Instanzrechtsprechung und Literatur entschied der BGH, dass die Kündigungsvorschrift des § 489 Abs. 1 Nr. 3 BGB a. F. auch zugunsten einer Bausparkasse als Darlehensnehmerin anwendbar ist. Dies folge nicht nur aus dem Wortlaut und der Systematik des Gesetzes, sondern auch aus der Entstehungsgeschichte und dem Regelungszweck der Norm, wonach jeder Darlehensnehmer nach Ablauf von zehn Jahren nach Empfang des Darlehens die Möglichkeit haben solle, sich durch Kündigung vom Vertrag zu lösen.
Ebenfalls in Übereinstimmung mit der herrschenden Ansicht in der Instanzrechtsprechung und Literatur entschied der BGH, dass die Voraussetzungen des Kündigungsrechts vorliegen. Denn mit dem Eintritt der erstmaligen Zuteilungsreife habe die Bausparkasse unter Berücksichtigung des Zwecks des Bausparvertrages das Darlehen des Bausparers vollständig empfangen. Der Vertragszweck bestehe für den Bausparer darin, durch die Erbringung von Ansparleistungen einen Anspruch auf Gewährung eines Bauspardarlehens zu erlangen. Aufgrund dessen habe er das damit korrespondierende Zweckdarlehen mit Eintritt der erstmaligen Zuteilungsreife vollständig gewährt. Danach sind Bausparverträge im Regelfall zehn Jahre nach Zuteilungsreife kündbar. Aus diesem Grunde seien hier die von der beklagten Bausparkasse jeweils mehr als zehn Jahre nach erstmaliger Zuteilungsreife erklärten Kündigungen der Bausparverträge wirksam.
(Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 21/2017 vom 21. 2. 2017)

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