ZfIR 2015, A 4

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BGH: Abwehranspruch eines Mieters gegen rauchenden Nachbarn

Der BGH entschied, dass einem Nachbarn gegenüber einem anderen Mieter ein Abwehranspruch aus Besitzschutz zusteht, wenn es zu wesentlichen Belästigungen durch Rauch kommt oder eine Gefahr für die Gesundheit droht (BGH, Urt. v. 16.1.2015 – V ZR 110/14). In dem Verfahren ging es darum, ob ein Mieter, der sich durch den von einem tiefer gelegenen Balkon aufsteigenden Zigarettenrauch im Gebrauch seiner Wohnung beeinträchtigt fühlt und zudem Gefahren für seine Gesundheit durch sog. Passivrauchen befürchtet, von dem anderen Mieter verlangen kann, das Rauchen während bestimmter Zeiten zu unterlassen.
Der BGH hob das Berufungsurteil auf und verwies die Sache an das LG zurück. Der Senat führt in seiner Begründung aus: Einem Mieter stehe gegenüber demjenigen, der ihn in seinem Besitz durch sog. Immissionen stört (zu diesen gehören Lärm, Gerüche, Ruß und eben auch Tabakrauch), grundsätzlich ein Unterlassungsanspruch zu. Das gelte auch im Verhältnis von Mietern untereinander. Der Abwehranspruch sei nicht deshalb ausgeschlossen, weil das Rauchen eines Mieters im Verhältnis zu seinem Vermieter grundsätzlich zum vertragsgemäßen Gebrauch der Wohnung gehöre. Denn vertragliche Vereinbarungen zwischen einem Mieter und seinem Vermieter rechtfertigen nicht die Störungen Dritter. Der Abwehranspruch sei jedoch ausgeschlossen, wenn die mit dem Tabakrauch verbundenen Beeinträchtigungen nur unwesentlich sind. Das ist anzunehmen, wenn sie auf dem Balkon der Wohnung des sich gestört fühlenden Mieters nach dem Empfinden eines verständigen durchschnittlichen Menschen nicht als wesentliche Beeinträchtigung empfunden werden. Liegt hingegen nach diesem Maßstab eine als störend empfundene – also wesentliche – Beeinträchtigung vor, bestehe der Unterlassungsanspruch allerdings nicht uneingeschränkt. Es kollidieren zwei grundrechtlich geschützte Besitzrechte, die in einen angemessenen Ausgleich gebracht werden müssen. Das Maß des zulässigen Gebrauchs und der hinzunehmenden Beeinträchtigungen sei nach dem Gebot der gegenseitigen Rücksichtnahme zu bestimmen. Im Allgemeinen werde dies auf eine Regelung nach Zeitabschnitten hinauslaufen. Die Bestimmung der konkreten Zeiträume hänge von den Umständen des Einzelfalls ab. Sollte die Geruchsbelästigung nur unwesentlich sein, komme ein Abwehranspruch in Betracht, wenn Gefahren für die Gesundheit drohen. Immissionen, die die Gefahr gesundheitlicher Schäden begründen, sind grundsätzlich als eine wesentliche und damit nicht zu duldende Beeinträchtigung anzusehen. Bei der Einschätzung der Gefährlichkeit der Einwirkungen durch aufsteigenden Tabakrauch sei allerdings zu berücksichtigen, dass im Freien geraucht wird. Insoweit komme den Nichtraucherschutzgesetzen des Bundes und der Länder, die das Rauchen im Freien grundsätzlich nicht verbieten, eine Indizwirkung dahingehend zu, dass mit dem Rauchen auf dem Balkon keine konkreten Gefahren für die Gesundheit anderer einhergehen.
(Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 6/2015 vom 16.1.2015)

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