ZfIR 2014, A 5

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH, KölnRWS Verlag Kommunikationsforum GmbH, Köln1433-0172Zeitschrift für ImmobilienrechtZfIR2014Aktuell

BGH: Errichtung einer Mobilfunksendeanlage durch WEG

In dem Verfahren ging es um die Frage, ob eine WEG mittels Mehrheit und gegen den Willen der Eigentümerin der Dachgeschosswohnung beschließen kann, auf dem Dach des Gebäudes eine Mobilfunkanlage zu installieren. Der BGH kommt zu dem Ergebnis, dass in einem solchen Falle die Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer erforderlich ist, auch die der Eigentümerin der Dachgeschosswohnung. Er bestätigte in seinem Urteil die Rechtsauffassung der Vorinstanzen mit der Erwägung, dass auf der Grundlage des allgemeinkundigen wissenschaftlichen Streits um die von Mobilfunksendeanlagen ausgehenden Gefahren und der daraus resultierenden Befürchtungen zumindest die ernsthafte Möglichkeit einer Minderung des Miet- oder Verkaufswerts von Eigentumswohnungen besteht (BGH, Urt. v. 24.1.2014 – V ZR 48/13). Dies stelle eine Beeinträchtigung dar, die ein verständiger Wohnungseigentümer nicht zustimmungslos hinnehmen müsse (§ 22 Abs. 1 i. V. m. § 14 Nr. 1 WEG).
Dem Verfahren liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Die Mitglieder einer Wohnungseigentümergemeinschaft fassten 2010 mehrheitlich den Beschluss, einem Unternehmen die Aufstellung und den Betrieb einer Mobilfunkanlage auf dem Fahrstuhldach der Wohnungseigentumsanlage zu gestatten. Die Klägerin – Mitglied der WEG und Eigentümerin der Dachgeschosswohnung – ist damit nicht einverstanden. Ihrer Anfechtungsklage gegen den Beschluss geben beide Vorinstanzen mit der Begründung statt, die Anbringung der Mobilfunkanlage sei eine bauliche Veränderung, die nach § 22 Abs. 1 i.V.m § 14 Nr. 1 WEG der Zustimmung sämtlicher Wohnungseigentümer bedurft hätte. Die Bundesrichter kamen nun zu dem Ergebnis, dass auch mit Blick auf die Regelung des § 906 Abs. 1 Satz 2 BGB keine andere Beurteilung geboten sei. Nach der Regelung bestehe zwar im Verhältnis benachbarter Grundstückseigentümer eine Vermutung dafür, dass bestimmte Einwirkungen, zu denen auch Strahlenimmisionen gehören, unwesentlich und daher hinzunehmen sind, wenn die einschlägigen Grenz- und Richtwerte eingehalten werden. Die Norm regele jedoch nicht den Konflikt unter Wohnungseigentümern darüber, wie mit dem Gemeinschaftseigentum umgegangen werden soll und ob hierzu bauliche Veränderungen mit all ihren Vorzügen und Nachteilen vorgenommen werden sollen. Der Rückgriff von § 22 Abs. 1 WEG auf den Maßstab des § 14 Nr. 1 WEG soll sicherstellen, dass das Recht jedes Wohnungseigentümers, auf Entscheidungen über bauliche Veränderungen durch das Zustimmungserfordernis maßgebend Einfluss zu nehmen (§ 903 BGB), grundsätzlich gewahrt bleibt. In diese Befugnis dürfe nur eingegriffen werden, soweit Wohnungseigentümer von der Maßnahme gar nicht oder nur ganz geringfügig betroffen sind. Für die Konkretisierung dieser spezifisch wohnungseigentumsrechtlichen Geringfügigkeit liefern die in § 906 Abs. 1 Satz 2 BGB genannten immissionsrechtlichen Grenz- und Richtwerte keinen brauchbaren Maßstab. Das gelte umso mehr, als das Zusammenleben in einer Wohnungseigentumsanlage – auch bei Entscheidungen über bauliche Veränderungen – ein stärkeres Maß an Rücksichtnahme verlange.
(Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 14/2014 vom 24.1.2014)
Anm. d. Red.: Die Entscheidung wird demnächst in der ZfIR besprochen.

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