ZfIR 2013, A 5

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BGH: Zum Mietervorkaufsrecht bei Verkauf von ungeteiltem Mietshaus

Das Vorkaufsrecht des Mieters gemäß § 577 Abs. 1 BGB entsteht grundsätzlich nicht, wenn ein mit einem Mehrfamilienhaus bebautes Grundstück verkauft wird und erst die Erwerber durch Teilungsvereinbarung gemäß § 3 WEG Wohnungseigentum begründen, und nicht der Veräußerer die Aufteilung nach § 8 WEG durchführt. Das gilt in der Regel auch dann, wenn die Erwerber beabsichtigen, die neu geschaffenen Einheiten jeweils selbst zu nutzen (sogenanntes „Erwerbermodell“), so der V. Senat in seinem Urteil (BGH, Urt. v. 22.11.2013 – V ZR 96/12).
Die Klägerin übte als Mieterin der Beklagten, die das mit einem Mehrfamilienhaus bebaute Grundstück als ungeteilten Grundbesitz an drei Erwerber verkaufte, dieser gegenüber ein auf § 577 Abs. 1 Satz 1 BGB gestützte Vorkaufsrecht aus. Die Klägerin begehrte Feststellung, dass zwischen ihr und der Beklagten ein Kaufvertrag über die von ihr gemietete Wohnung in dem Mehrfamilienhaus zum Preis von 30000 € zustande gekommen ist. Die Erwerber ließen noch am Tag des Kaufvertragsschlusses bei demselben Notar eine Teilungsvereinbarung gemäß § 3 WEG beurkunden. LG und OLG wiesen die Klage ab. Der BGH wies nun die Revision der Klägerin zurück.
Die Bundesrichter entschieden, dass das Vorkaufsrecht bei dem Verkauf eines ungeteilten Grundstücks vor Begründung des Wohnungseigentums im Grundsatz nur dann entstehe, wenn sich der Veräußerer gegenüber den Erwerbern vertraglich verpflichtet, seinerseits die Aufteilung gemäß § 8 WEG durchzuführen. Darüber hinaus müsse die von dem Vorkaufsrecht erfasste zukünftige Wohnungseigentumseinheit in dem Vertrag bereits hinreichend bestimmt oder zumindest bestimmbar sein. Dagegen sei es regelmäßig nicht ausreichend, wenn – wie hier – die Erwerber die Teilung durchführen.
Das Vorkaufsrecht gemäß § 577 Abs. 1 Satz 1 Alt. 2 BGB solle nämlich nicht zum Erwerb des gesamten Grundstücks berechtigen. Der Mieter solle auch keinen bloßen Miteigentumsanteil, sondern das in seiner Entstehung bereits angelegte Eigentum an der von ihm gemieteten Wohnung erwerben können. Weil das Vorkaufsrecht einen Vertrag zwischen dem Mieter und dem Verkäufer nach den Bedingungen des mit den Erwerbern geschlossenen Kaufvertrags entstehen lasse, müsse sich der Verkäufer gegenüber den Erwerbern verpflichtetet haben, die Aufteilung vorzunehmen. Nur dann sei sichergestellt, dass der Mieter tatsächlich Wohnungseigentum erwerben kann. Bei einer Aufteilung durch die Erwerber sei dies nicht gewährleistet. Wollte man auch hier ein Vorkaufsrecht annehmen, könnte der Mieter zunächst allenfalls einen Miteigentumsanteil an dem ungeteilten Grundbesitz erwerben. In eine Teilungsvereinbarung der Erwerber träte er aus Rechtsgründen nicht ein. Folglich könnten die Erwerber ihre Aufteilungsabsicht aufgeben, ohne dass der Mieter dies verhindern könnte; dies wäre für ihn mit ganz erheblichen finanziellen und rechtlichen Risiken verbunden. Die Gefahr einer Verdrängung des Mieters ist bei dem Erwerbermodell im Übrigen inzwischen vermindert worden, weil der Gesetzgeber die Sperre für die Kündigung wegen Eigenbedarfs durch die am 1.5.2013 in Kraft getretene Vorschrift des § 577a Abs. 1a BGB auf die Veräußerung an eine Erwerbermehrheit erstreckt hat.
Im Einzelfall könne das Vorkaufsrecht allerdings entstehen, wenn ein Rechtsmissbrauch festzustellen sei. Dies setzte voraus, dass die Parteien des Kaufvertrags nur zur Ausschaltung des Vorkaufsrechts bewusst auf eine an sich beabsichtigte Teilung durch den Veräußerer verzichten und die Teilung den Erwerbern überlassen. Vorliegend stellte das Berufungsgericht jedoch fest, dass die Verkäuferin über die bloße Kenntnis von der Absicht der Erwerber hinaus kein eigenes Interesse an der Aufteilung hatte; ihre Kenntnis – so nun der BGH – reiche als solche nicht aus, um einen Rechtmissbrauch anzunehmen.
(Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 192/2013 vom 22.11.2013)

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