ZfIR 2024, A 3

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG, Köln RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH & Co. KG, Köln 1433-0172 Zeitschrift für Immobilienrecht ZfIR 2024 Aktuell

BGH zu erbbaurechtlichem Heimfallanspruch wegen nicht fristgerechter Fertigstellung einer Moschee

Der u. a. für das Erbbaurecht zuständige V. Zivilsenat des BGH hat entschieden (Urt. v. 19. 1. 2024 – V ZR 191/22), dass eine Gemeinde, die als Grundstückseigentümerin mit einem Privaten in einem Erbbaurechtsvertrag den Ausschluss der Vergütung für das Erbbaurecht beim Heimfall vereinbart, allein hierdurch nicht gegen das Gebot angemessener Vertragsgestaltung verstößt. Allerdings unterliegt die Geltendmachung des Anspruchs auf vergütungslose Rückübertragung des Erbbaurechts einer strengen Ausübungskontrolle im Hinblick auf die Verhältnismäßigkeit des gemeindlichen Handelns.
Die Parteien, eine Stadt in Baden-Württemberg und ein gemeinnütziger Verein, schlossen zur Errichtung einer Moschee auf einem Grundstück der Klägerin am 26. 11. 2014 eine insgesamt als Erbbaurechtsvertrag bezeichnete notarielle Vereinbarung. Es wurde ein gestaffelter Erbbauzins vereinbart von anfänglich 35.336 € jährlich ab dem 1. 7. 2017. Der Beklagte verpflichtete sich, den ersten Bauabschnitt innerhalb von vier Jahren ab dem 1. 11. 2014 fertigzustellen. Anderenfalls sollte die Klägerin berechtigt sein, die Rückübertragung des Erbbaurechts zu verlangen (Heimfall). Eine Vergütung für das Erbbaurecht wurde für diesen Fall vertraglich ausgeschlossen, und der Beklagte sollte auf Verlangen der Klägerin verpflichtet sein, die Moschee und das Kulturhaus auf eigene Kosten zu beseitigen. In dem Vertrag unterbreitete die Klägerin dem Beklagten ein Kaufangebot für das Grundstück, das mit einer gleichlautenden Bauverpflichtung verknüpft war. Insoweit behielt sich die Klägerin für den Fall der Nichterfüllung ein Wiederkaufsrecht vor. Das Erbbaurecht wurde in das Erbbaugrundbuch eingetragen. Die Baugenehmigung wurde erteilt, Baubeginn und Bauausführung verzögerten sich jedoch. Im Juli 2018 teilte der Beklagte der Klägerin mit, dass er die Frist für die Fertigstellung des ersten Bauabschnitts nicht werde einhalten können. Im August 2018 nahm er das Kaufangebot für das Grundstück an und zahlte den vereinbarten Kaufpreis. Der erste Bauabschnitt war bis Ende Oktober 2018 nicht fertiggestellt. Im Dezember 2018 machte die Klägerin den Heimfallanspruch geltend und übte das Wiederkaufsrecht aus.
Mit der Klage verlangt die Klägerin von dem Beklagten die Rückübertragung des Erbbaurechts, hilfsweise dessen Aufhebung, ferner die Versicherung der Moschee gegen Brand- und Elementarschäden und die Zahlung von Erbbauzinsen i. H. v. 110.425 € für den Zeitraum 1. 1. 2019 bis 30. 6. 2021. Der Beklagte nimmt die Klägerin widerklagend auf Übereignung des Grundstücks in Anspruch; daneben begehrt er die Feststellung, dass er nicht zur Zahlung von Erbbauzinsen verpflichtet ist, die Ausübung des Wiederkaufsrechts rechtswidrig und unwirksam ist und die Klägerin ihm den durch die Ausübung des Heimfallanspruchs und Wiederkaufsrechts entstandenen und noch entstehenden Schaden zu ersetzen hat. Das LG Stuttgart hat der Klage nur in Bezug auf die Rückübertragung des Erbbaurechts und die Zahlung von 110.425 € und der Widerklage nur in Bezug auf die Feststellung stattgegeben, dass der Beklagte nicht zur Zahlung von Erbbauzinsen verpflichtet ist. Auf die Berufung der Klägerin hat das OLG Stuttgart den Beklagten darüber hinaus zur Versicherung der Moschee verurteilt und die Widerklage insgesamt abgewiesen; die Berufung des Beklagten hat es zurückgewiesen. Mit der von dem OLG zugelassenen Revision verfolgt der Beklagte seinen Klageabweisungsantrag und seine Widerklageanträge weiter. Der BGH hat die Revision des Beklagten zurückgewiesen. Das Berufungsgericht nimmt im Ergebnis zutreffend an, dass die Klägerin gegen den Beklagten einen auf Übertragung des Erbbaurechts gerichteten Heimfallanspruch hat. (BGH PM 010/2024 v. 19. 1. 2024)

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