ZfIR 2015, A 4

RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH, KölnRWS Verlag Kommunikationsforum GmbH, Köln1433-0172Zeitschrift für ImmobilienrechtZfIR2015Aktuell

BGH: Kriterien für Kreditaufnahme durch WEG

Der BGH hat entschieden, dass auch die Aufnahme eines langfristigen, hohen Kredits durch die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen kann. Ob dies der Fall ist, kann allerdings nicht generell, sondern nur anhand der konkreten Umstände des Einzelfalls unter Abwägung der allseitigen Interessen bestimmt werden. Im konkreten Fall verneinte der V. Zivilsenat die Ordnungsmäßigkeit des Beschlusses über die Kreditaufnahme (BGH, Urt. v. 25.9.2015 – V ZR 244/14).
Der Entscheidung liegt folgender Sachverhalt zugrunde: Eine aus 201 Einheiten bestehenden WEG beschloss die Durchführung einer Fassadensanierung mit förderfähiger Wärmedämmung. Um die mit ca. 2 000 000 € veranschlagten Kosten zu finanzieren, beschlossen sie zudem die Aufnahme eines KfW-Förderkredits, dessen Zinssatz sich zum damaligen Zeitpunkt auf 0 % belief, in Höhe von ca. 1 320 000 € mit einer Laufzeit von 10 Jahren sowie die Finanzierung des restlichen Betrages von ca. 900 000 € durch Rückgriff auf die Instandhaltungsrücklage. Die Klägerin Mitglied der WEG wandte sich vor dem AG zunächst erfolglos mit einer Anfechtungsklage gegen den Beschluss über die Darlehensaufnahme. Das LG hingegen erklärte den Beschluss für ungültig. Die dagegen gerichtete Revision einer Wohnungseigentümerin hatte keinen Erfolg.
Zur Begründung führen die Richter aus: Das Wohnungseigentumsgesetz enthalte keine Anhaltspunkte, dass den Wohnungseigentümern die Möglichkeit einer Kreditaufnahme durch die Wohnungseigentümergemeinschaft nur in besonders gelagerten Ausnahmefällen zu Gebote stehen soll. Allerdings müsse das besondere Haftungsrisiko berücksichtigt werden. Wichtige und zu berücksichtigende Faktoren seien die regelmäßig lange Laufzeit von Krediten und das Ausfallrisiko von Wohnungseigentümern, welches gerade bei Krediten nur sehr begrenzt abschätzbar sei. Ein weiterer Unsicherheitsfaktor sei ein möglicher Eigentümerwechsel in dieser Zeit. Angesichts dieses Haftungsrisikos sei bei der Entscheidung über die Finanzierung einer Maßnahme durch ein hohes langfristiges Darlehen Zurückhaltung geboten. Um festzustellen, ob eine Darlehensaufnahme ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht, bedürfe es einer sorgfältiger Abwägung aller relevanten Umstände des Einzelfalls und unter Berücksichtigung der allseitigen Interessen der betroffenen Wohnungseigentümer.
Auch zu den Anforderungen der Beschlussfassung über die Aufnahme eines Darlehens äußerte sich der BGH: Ein solcher Beschluss müsse Angaben über die zu finanzierende Maßnahme, die Höhe des Darlehens, dessen Laufzeit, die Höhe des Zinssatzes bzw. des nicht zu überschreitenden Zinssatzes enthalten und erkennen lassen, ob die Tilgungsraten so angelegt sind, dass der Kredit am Ende der Laufzeit getilgt ist. Ferner müsse vor der Beschlussfassung wegen des in die Zukunft verlagerten Risikos der Zahlungsunfähigkeit einzelner Wohnungseigentümer die im Innenverhältnis bestehende Nachschusspflicht der Wohnungseigentümer Gegenstand der Erörterung in der Wohnungseigentümerversammlung sein. Dies ist in dem Protokoll der Eigentümerversammlung zu dokumentieren.
Da sich im entschiedenen Fall dem Protokoll keine Unterrichtung über das Risiko einer Nachschusspflicht entnehmen ließ, entsprach der angegriffene Beschluss nicht ordnungsmäßiger Verwaltung.
(Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 164/2015 vom 25.9.2015)

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