RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH, Köln
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1433-0172
Zeitschrift für Immobilienrecht
ZfIR
2016
Aktuell
BVerfG: „Bestellerprinzip“ bei Wohnraummietverträgen verfassungsgemäß
Die mit dem Mietrechtsnovellierungsgesetz vorgenommene Normierung des Bestellerprinzips für Wohnungsvermittlungen, das Maklern den Erhalt einer Provision von Mietinteressierten weitgehend verstellt, genügt den verfassungsrechtlichen Anforderungen, so das BVerfG (Beschl. v. 29. 6. 2016 – 1 BvR1015/15). Der Gesetzgeber führte durch das Mietrechtsnovellierungsgesetz vom 21. 4. 2015 das Bestellerprinzip bei der Wohnungsvermittlung ein. Danach darf ein Wohnungsvermittler nur dann vom Wohnungssuchenden ein Entgelt fordern, wenn er ausschließlich wegen des Vermittlungsvertrags mit dem Wohnungssuchenden vom Vermieter den Auftrag einholt, die Wohnung anzubieten. Auch Vereinbarungen, durch die Wohnungsuchende verpflichtet werden, ein vom Vermieter oder einem Dritten geschuldetes Vermittlungsentgelt zu zahlen, sind unwirksam. Verstöße können mit Bußgeldern bis zu 25.000 € gegenüber dem Wohnungsvermittler verfolgt werden.
Hierdurch soll gewährleistet werden, dass diejenige Partei, in deren wirtschaftlichem Interesse der Wohnungsvermittler vorwiegend tätig wird, auch dessen Vertragspartner im rechtlichen Sinne wird und bleibt.
Zwei Immobilienmakler hatten mit ihrer Verfassungsbeschwerde im Wesentlichen eine Verletzung ihrer Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) gerügt. Das BVerfG befand die Verfassungsbeschwerde der Makler zwar für zulässig, jedoch nicht für begründet
Die angegriffenen Regelungen beschränken zwar die Berufsfreiheit (Art. 12 Abs. 1 GG) der Beschwerdeführer, dies sei aber verfassungsrechtlich gerechtfertigt.
Der Gesetzgeber dürfe die durch Art. 12 Abs. 1 GG geschützte Freiheit, ein Entgelt für berufliche Leistungen einzelvertraglich zu vereinbaren, durch zwingendes Gesetzesrecht begrenzen, um sozialen oder wirtschaftlichen Ungleichgewichten entgegenzuwirken.
Bei der vorzunehmenden Interessenabwägung der einzelnen Freiheitsrechte verfüge der Gesetzgeber über einen weiten Beurteilungs- und Gestaltungsspielraum. Eine Grundrechtsverletzung könne in einer solchen Lage nur festgestellt werden, wenn eine Grundrechtsposition den Interessen des anderen Vertragspartners in einer Weise untergeordnet werde, dass in Anbetracht der Bedeutung und Tragweite des betroffenen Grundrechts von einem angemessenen Ausgleich nicht mehr gesprochen werden kann.
Daran gemessen genüge die Normierung des Bestellerprinzips den verfassungsrechtlichen Anforderungen. Die sich gegenüberstehenden Interessen seien darin in einen Ausgleich gebracht worden, der Verhältnismäßigkeitsanforderungen gerecht werde und insbesondere der dem Gesetzgeber zustehenden sozialstaatlichen Gestaltungsbefugnis entspreche. Dieser Ausgleich sei durch das legitime Ziel des Verbraucherschutzes sozialstaatlich gerechtfertigt.
Die Wohnungsvermittler werden nicht zu einer grundlegenden Veränderung ihrer geschäftlichen Aktivitäten und Angebote in der Weise gezwungen, dass sie die berufliche Tätigkeit, die bisher ihre Lebensgrundlage bildete, völlig aufgeben und sich eine ganz neue berufliche Existenz aufbauen müssten. Den grundrechtlich geschützten Interessen der Beschwerdeführer an der freien Berufsausübung stehen die gleichfalls berechtigten Interessen der Wohnungssuchenden gegenüber, auf deren Seite das Sozialstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 1, Art. 28 Abs. 1 GG) in die Abwägung einzubeziehen sei.
Unter Berücksichtigung des weiten Beurteilungs- und Gestaltungsspielraums, über den der Gesetzgeber hier verfügt, werde das Ziel eines angemessenen Ausgleichs nicht verfehlt.
Auch das gleichzeitig eingeführte Textformerfordernis für Wohnungsvermittlungsverträge (§ 2 Abs. 1 Satz 2 WoVermRG) verletze nicht die Berufsfreiheit der Beschwerdeführer.
(Quelle: Pressemitteilung des BVerfG Nr. 46/2016 vom 21. 7. 2016)