ZfIR 2011, A 4

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EuGH: Verkäufer im Rahmen der Nachlieferung zum Ein- und Ausbau bzw. zur Kostentragung verpflichtet

Der EuGH entschied zu einer Vorlagefrage des BGH, in der es um die Auslegung der Bestimmungen des Art. 3 Abs. 2 und Abs. 3 der Verbrauchsgüterkaufrichtlinie (Richtlinie 1999/44/EG) ging (EuGH, Urt. v. 16.6.2011 – Rs. 65/09). Der BGH hatte mit Beschluss vom 14.1.2009 (VIII ZR 70/08) folgende Fragen dem EuGH zur Auslegung und Vorabentscheidung vorgelegt:
1. Sind die Bestimmungen des Art. 3 Abs. 3 Unterabs. 1 und 2 der Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter dahin auszulegen, dass sie einer nationalen gesetzlichen Regelung entgegenstehen, wonach der Verkäufer im Falle der Vertragswidrigkeit des gelieferten Verbrauchsgutes die vom Verbraucher verlangte Art der Abhilfe auch dann verweigern kann, wenn sie ihm Kosten verursachen würde, die verglichen mit dem Wert, den das Verbrauchsgut ohne die Vertragswidrigkeit hätte, und der Bedeutung der Vertragswidrigkeit unzumutbar (absolut unverhältnismäßig) wären?
2. Falls die erste Frage zu bejahen ist: Sind die Bestimmungen des Art. 3 Abs. 2 und Abs. 3 Unterabs. 3 der vorbezeichneten Richtlinie dahin auszulegen, dass der Verkäufer im Falle der Herstellung des vertragsgemäßen Zustands des Verbrauchsgutes durch Ersatzlieferung die Kosten des Ausbaus des vertragswidrigen Verbrauchsgutes aus einer Sache, in die der Verbraucher das Verbrauchsgut gemäß dessen Art und Verwendungszweck eingebaut hat, tragen muss?
In dem zugrundeliegenden Rechtsstreit erwarb der Kläger bei der Beklagten, die einen Baustoffhandel betreibt, Bodenfliesen. Nach der Verlegung zeigten sich Mängel. Der Kläger begehrte von der Beklagten die Lieferung neuer Fliesen sowie die Zahlung zukünftig noch entstehender Aus- und Einbaukosten. Das LG gab der Klage zu einem geringen Teil statt und wies sie im Übrigen, so auch wegen der Ausbaukosten, ab. Auf die Berufung des Klägers hat das OLG die Beklagte dagegen unter anderem zur Zahlung der Kosten für den Ausbau der Fliesen verurteilt. Dagegen wendet sich die Beklagte mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision. Der Senat führte aus, dass dem möglichen Anspruch des Klägers auf Nacherfüllung durch Lieferung einer mangelfreien Sache (§ 439 Abs. 1 Fall 2 BGB) das Recht der Beklagten nach § 439 Abs. 3 BGB wegen absoluter Unverhältnismäßigkeit entgegenstünde.
Nach der Entscheidung des EuGH kann der Käufer auch die Kosten für den Ein- und Ausbau verlangen. Die Leitsätze der Entscheidung lauten:
1. Art. 3 Abs. 2 und 3 der Richtlinie 1999/44/EG zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter ist dahin auszulegen, dass, wenn der vertragsgemäße Zustand eines vertragswidrigen Verbrauchsguts, das vor Auftreten des Mangels vom Verbraucher gutgläubig gemäß seiner Art und seinem Verwendungszweck eingebaut wurde, durch Ersatzlieferung hergestellt wird, der Verkäufer verpflichtet ist, entweder selbst den Ausbau dieses Verbrauchsguts aus der Sache, in die es eingebaut wurde, vorzunehmen und das als Ersatz gelieferte Verbrauchsgut in diese Sache einzubauen, oder die Kosten zu tragen, die für diesen Ausbau und den Einbau des als Ersatz gelieferten Verbrauchsguts notwendig sind. Diese Verpflichtung des Verkäufers besteht unabhängig davon, ob er sich im Kaufvertrag verpflichtet hatte, das ursprünglich gekaufte Verbrauchsgut einzubauen.
2. Art. 3 Abs. 3 der Richtlinie 1999/44 ist dahin auszulegen, dass er ausschließt, dass eine nationale gesetzliche Regelung dem Verkäufer das Recht gewährt, die Ersatzlieferung für ein vertragswidriges Verbrauchsgut als einzig mögliche Art der Abhilfe zu verweigern, weil sie ihm wegen der Verpflichtung, den Ausbau dieses Verbrauchsguts aus der Sache, in die es eingebaut wurde, und den Einbau des als Ersatz gelieferten Verbrauchsguts in diese Sache vorzunehmen, Kosten verursachen würde, die verglichen mit dem Wert, den das Verbrauchsgut hätte, wenn es vertragsgemäß wäre, und der Bedeutung der Vertragswidrigkeit unverhältnismäßig wären. Art. 3 Abs. 3 schließt jedoch nicht aus, dass der Anspruch des Verbrauchers auf Erstattung der Kosten für den Ausbau des mangelhaften Verbrauchsguts und den Einbau des als Ersatz gelieferten Verbrauchsguts in einem solchen Fall auf die Übernahme eines angemessenen Betrags durch den Verkäufer beschränkt wird.
(Quelle: Pressemitteilungen des EuGH Nr. 59/2011 vom 16.6.2011, BGH Nr. 8/2009 vom 14.1.2009)

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