ZfIR 2015, A 4

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BayVerfGH: Zur Kappungsgrenze bei Mieterhöhungen

Der Bayerische Verfassungsgerichtshof (BayVerfGH) entschied zur Kappungsgrenze bei Mieterhöhungen. Die Richter hatten über eine Popularklage auf Feststellung der Verfassungswidrigkeit des § 1b i. V. m. Anlage 2 der Verordnung über die Gebiete nach §§ 577a und 558 BGB (Wohnungsgebieteverordnung – WoGeV) vom 15.5.2012 (GVBl S. 189, BayRS 400-6-J), zuletzt geändert durch Verordnung vom 23.7.2013 (GVBl S. 470) zu entscheiden.
Der BayVerfGH wies die Popularklage ab. Die angegriffene Regelung des § 1b i. V. m. Anlage 2 WoGeV, wonach in den aufgeführten 89 Städten und Gemeinden die Kappungsgrenze bei Mieterhöhungen 15 % beträgt, verstoße nicht gegen Normen der Bayerischen Verfassung (BV) (BayVerfGH, Entscheidung v. 16.6.2015 – Vf. 12-VII-14).
Der Antragsteller rügte mit der Popularklage, dass die Herabsetzung der Kappungsgrenze einen Eingriff in das Eigentumsgrundrecht (Art. 103 BV) der Vermieter darstelle, der verfassungsrechtlich nicht gerechtfertigt sei. In welchen Städten und Gemeinden Wohnungsmangel herrsche, sei ohne gebietsbezogene Ermittlungen bestimmt worden. Auch die Kündigungsbeschränkung nach § 577a BGB bei Wohnungsumwandlung gelte für Wohnungsmangelgebiete. Trotzdem seien die Gebiete nicht identisch. Daraus ergebe sich auch ein Verstoß gegen das Willkürverbot (Art. 118 Abs. 1 BV). Da die angegriffene Regelung die bundesrechtlichen Schranken des § 558 Abs. 3 Sätze 2 und 3 BGB nicht beachte, sei das Rechtsstaatsprinzip (Art. 3 Abs. 1 Satz 1 BV) verletzt.
Die Richter verneinten einen Verfassungsverstoß der bundesrechtlichen Ermächtigungsgrundlage des § 558 Abs. 3 Sätze 2 und 3 BGB. Darüber hinaus verneinten sie eine Verletzung der Bestandsgarantie des Eigentums. Diese sei nach der Rechtsprechung des BVerfG nicht schon dann infrage gestellt, wenn nicht die höchstmögliche Rendite aus dem Eigentumsobjekt erzielt werden kann. Hinzu komme, dass die Befugnis des Gesetzgebers zur Inhalts- und Schrankenbestimmung umso weiter ist, je mehr das Eigentumsobjekt in einem sozialen Bezug und einer sozialen Funktion stehe.
Das Rechtsstaatsprinzip sei auch nicht wegen eines offensichtlichen und schwerwiegenden Widerspruchs des § 1 b i. V. m. Anlage 2 WoGeV zur Ermächtigungsgrundlage (§ 558 Abs. 3 Sätze 2 und 3 BGB) oder zu weiteren damit im Zusammenhang stehenden bundesrechtlichen Vorschriften des Mietrechts verletzt. Das Verfahren bei der Gebietsauswahl stelle einen hinreichenden Bezug zu den örtlichen Verhältnissen her.
Die vom Antragsteller erhobenen Grundrechtsrügen hatten ebenfalls keinen Erfolg. Das Eigentumsgrundrecht (Art. 103 Abs. 1 BV), nach dem Immobilien durch Vermietung wirtschaftlich genutzt werden können, stelle auch eine Inhalts- und Schrankenbestimmung gemäß Art. 103 Abs. 2, Art. 158 Satz 1 BV dar, die dieses Recht zulässigerweise einschränke. Der Normgeber habe insoweit von der ihm durch die bundesrechtliche Ermächtigung in § 558 Abs. 3 Sätze 2 und 3 BGB eingeräumten Regelungsbefugnis Gebrauch gemacht.
Darüber hinaus rüge der Antragsteller zu Unrecht eine Verletzung der Handlungsfreiheit (Art. 101 BV). Der Verordnungsgeber habe nicht per se unterstellt, dass jede Gemeinde mit mehr als 50 000 Einwohnern ein Wohnungsmangelgebiet sei. Eine Einwohnerzahl von mindestens 50 000 war lediglich eines der – plausiblen – Kriterien dafür, dass eine Stadt im Normgebungsverfahren förmlich beteiligt wurde. Die Auswahlentscheidung wurde erst danach auf der Grundlage eines mehrfach gestuften Verfahrens sachlich vertretbar getroffen.
Schließlich verneinten die Richter auch einen Verstoß gegen das Willkürverbot (Art. 118 Abs. 1 BV). Aus einzelnen gleich formulierten Tatbestandsmerkmalen zur Wohnungsmangellage in § 558 Abs. 3 Satz 2 BGB (Kappungsgrenze) und in § 577a Abs. 2 Satz 1 BGB (Kündigungsbeschränkung bei Wohnungsumwandlung) sei nicht zwingend zu folgern, dass die danach jeweils möglichen Verordnungsregelungen für dieselben Gebiete gelten müssten. Die Verfassungsmäßigkeit einer landesrechtlichen Norm könne grundsätzlich nicht deshalb in Zweifel gezogen werden, weil andere Bundesländer keine vergleichbaren Regelungen getroffen hätten.
(Quelle: Pressemitteilung des BayVerfGH vom 22.6.2015)

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