ZfIR 2010, A 4

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BGH: Widerruf eines Gesellschaftsbeitritts nach HaustürwiderrufsG

Der Beklagte erklärte 1991 aufgrund von Verhandlungen, die in seiner Privatwohnung geführt worden sind, seinen Beitritt zu einem geschlossenen Immobilienfonds in Form einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR). In einem Vorprozess forderte die Klägerin als Geschäftsführerin der GbR vom Beklagten die Zahlung von Nachschüssen, die die Gesellschafterversammlung der GbR zur Beseitigung von Unterdeckungen beschlossen hatte. Im Laufe des Verfahrens kündigte der Beklagte seine Mitgliedschaft in der GbR fristlos und widerrief die Beitrittserklärung nach § 3 HWiG (jetzt § 312 BGB). Die Klage wurde im Vorprozess mit der Begründung abgewiesen, nach wirksamer Kündigung des Gesellschaftsbeitritts durch den Beklagten bestünden zwischen den Parteien nur noch Ansprüche nach den Grundsätzen der fehlerhaften Gesellschaft. Die Nachschussforderung sei daher nicht mehr selbständig einklagbar, sondern sie sei als unselbständiger Rechnungsposten in die zu erstellende Auseinandersetzungsrechnung einzustellen.
Die Klägerin trug dieser Rechtsansicht des Berufungsgerichts im Vorprozess Rechnung und erstellte eine Auseinandersetzungsrechnung, die ein negatives Auseinandersetzungs-"Guthaben" des Beklagten – d. h. einen Anspruch der Gesellschaft gegen den Beklagten auf Verlustdeckung nach § 739 BGB – ausweist.
Der Beklagte betreibt gegen die Klägerin die Zwangsvollstreckung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss des Vorprozesses. Die Klägerin erklärte mit ihrer Forderung gegen den Beklagten auf Zahlung dieses Anspruchs auf Verlustdeckung die Aufrechnung gegen die Forderung aus dem Kostenfestsetzungsbeschluss und erhob im vorliegenden Rechtsstreit Vollstreckungsgegenklage. Das LG gab der Klage statt. Das Berufungsgericht wies sie auf die Berufung des Beklagten ab. Hiergegen richtet sich die vom Berufungsgericht zugelassene Revision der Klägerin.
Der BGH richtete ein Vorabentscheidungsersuchen nach Art. 234 EG an den EuGH (II ZR 292/06, ZIP 2008,1018). Der EuGH entschied hierzu, dass die Richtlinie 85/577/EWG des Rates vom 20.12.1985 betreffend den Verbraucherschutz im Falle von außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen (Haustürgeschäfte-RL) grundsätzlich auf den Beitritt zu einer Personengesellschaft anwendbar sei, wenn der Zweck eines solchen Beitritts vorrangig nicht darin bestehe, Mitglied dieser Gesellschaft zu werden, sondern Kapital anzulegen. Zugleich stehe Art. 5 Abs. 2 der Richtlinie einer Rückabwicklung eines wirksam widerrufenen Gesellschaftsbeitritts nach den Grundsätzen der im deutschen Recht anerkannten Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft nicht entgegen, auch wenn dadurch der Verbraucher möglicherweise weniger als den Wert seiner Einlage zurückerhalte oder sich am Verlust des Fonds beteiligen müsse (EuGH, Urt. v. 15.4.2010 – C-215/08, ZfIR 2010, 495 (m. Anm. Deblitz) – in diesem Heft). Nach dem Urteil des EuGH bleibt daher die Lehre von der fehlerhaften Gesellschaft anwendbar.
Der II. Zivilsenat stellte die landgerichtliche Entscheidung wieder her (BGH, Urt. v. 12.7.2010 – II ZR 292/06). Der Klägerin stehe gegen den Beklagten ein Anspruch auf Verlustausgleich auch dann zu, wenn der Beklagte seinen Beitritt zu dem geschlossenen Immobilienfonds wirksam nach § 3 HWiG (jetzt § 312 BGB) widerrufen hat. Die Klägerin konnte mit diesem Anspruch gegen die Kostenforderung aufrechnen, so dass die Vollstreckungsgegenklage begründet ist.
(Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 143/2010 vom 12.7.2010)

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