RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH, Köln
RWS Verlag Kommunikationsforum GmbH, Köln
1433-0172
Zeitschrift für Immobilienrecht
ZfIR
2017
Aktuell
BGH: Schadensersatzpflicht des Pächters für die Entstehung von Dauergrünland
Der BGH entschied, dass ein Pächter, der als Ackerland verpachtete Flächen als Grünland nutzt, verpflichtet sein kann, dem Verpächter den Schaden zu ersetzen, der durch die (aufgrund der ununterbrochenen Nutzung als Grünland) europarechtlich vorgegebene Einordnung der gepachteten Flächen als Dauergrünland entsteht. Bei der Bemessung des Schadens kann allerdings ein Mitverschulden des Verpächters zu berücksichtigen sein (BGH, Urt. v. 28. 4. 2017 – LwZR 4/16).
In dem zugrunde liegenden Verfahren hatte der verstorbene Ehemann der Klägerin im Jahr 2000 mehrere Grundstücke „zur landwirtschaftlichen Nutzung“ an den Beklagten verpachtet. Im Pachtvertrag waren die Flächen mit „A“ für Ackerland gekennzeichnet. Bereits bei Übergabe der Grundstücke wurden diese als Grünland genutzt. Auch der Beklagte nutzte sie mit Kenntnis der Verpächterseite über die gesamte Pachtzeit hinweg als Grünland. Die Klägerin ist, ebenso wie ihr verstorbener Ehemann, nicht in der Landwirtschaft tätig. Sie beendete das Pachtverhältnis durch Kündigung zum 30. 9. 2013. Nach der Rechtslage zu Beginn des Pachtverhältnisses durften die Grundstücke unabhängig von der Dauer ihrer Nutzung als Grünland in Ackerland umgewandelt werden.
Seitdem haben sich die rechtlichen Rahmenbedingungen geändert. Da die Grundstücke zum Anbau von Gras oder anderen Grünfutterpflanzen genutzt werden und mindestens fünf Jahre lang nicht Bestandteil der Fruchtfolge des landwirtschaftlichen Betriebs gewesen sind, unterliegen sie einem landesrechtlichen Umbruchverbot nach der 2008 in Kraft getretenen Dauergrünland-Erhaltungsverordnung (DGL-VO SH) und dem zum November 2013 in Kraft getretenen Dauergrünland-Erhaltungsgesetz (DGLG SH); dem liegen Vorgaben der EU zugrunde. Zudem liegen die Grundstücke vollständig in einem im Jahr 2006 ausgewiesenen Europäischen Vogelschutzgebiet und darüber hinaus teilweise in einem 2010 ausgewiesenen FFH-Gebiet. Infolgedessen könnte die Möglichkeit zum Umbruch jetzt nur noch durch den Nachweis von Ersatzflächen wiederhergestellt werden. Die Klägerin verlangt Schadensersatz mit der Begründung, der Beklagte habe der Entstehung von Dauergrünland entgegenwirken müssen. Der Pächter wurde in den Vorinstanzen zum Schadensersatz verurteilt. Seine Berufung blieb ohne Erfolg. Die zugelassene Revision wurde nun vom Senat für Landwirtschaftssachen nun zurückgewiesen.
Zur Begründung führt der Senat aus, dass es dem Beklagten rechtlich und tatsächlich möglich gewesen wäre, den Schadenseintritt durch eine rechtzeitige Änderung der Nutzung von Grünland zu Ackerland („Umbruch“) abzuwenden; hierzu war er vertraglich verpflichtet. Der Pächter habe zwar ob der bereits bestehenden Grünlandnutzung keine unerlaubte Nutzungsänderung (§ 590 Abs. 2 Satz 1 BGB) vorgenommen. Der Pächter ist aber zur ordnungsmäßigen Bewirtschaftung der Pachtsache verpflichtet (§ 586 Abs. 1 Satz 3 BGB) und hat sie in einem Zustand zurückzugeben, der einer ordnungsmäßigen Bewirtschaftung entspricht (§ 596 Abs. 1 BGB). Hierzu muss ein Pächter auch die Rechtsentwicklung jedenfalls insoweit beobachten, als weitreichende rechtliche Änderungen im Raum stehen, die einen erheblichen Wertverlust der gepachteten Flächen nach sich ziehen können und in landwirtschaftlichen Kreisen allgemein wahrgenommen werden.
Ein Mitverschulden des Verpächters ist denkbar, wenn er es unterlässt, den Pächter zu einem rechtzeitigen Umbruch anzuhalten, sofern ihm die Nutzung als Grünland bekannt war und er die drohende Entstehung von Dauergrünland erkennen konnte; in aller Regel wird Letzteres jedoch voraussetzen, dass der Verpächter aktiver Landwirt ist.
(Quelle: Pressemitteilung des BGH Nr. 60/17 vom 28. 4. 2017)