BGH, Versäumnisurteil vom 17. Februar 2023 - V ZR 212/21

25.04.2023

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES

Verkündet am:

17. Februar 2023

RinkeJustizangestellteals Urkundsbeamtinder Geschäftsstelle

in dem Rechtsstreit


Nachschlagewerk: ja


BGHZ: nein

BGHR: ja


ZPO § 322 Abs. 1


Die rechtskräftige Verurteilung zur Zahlung restlichen Kaufpreises in einem Vorprozess stellt nicht das Bestehen des Kaufvertrags mit Bindungswirkung für einen Folgeprozess fest; es handelt sich insoweit nur um die Feststellung einer Vorfrage, die nicht in Rechtskraft erwächst.


BGH, Versäumnisurteil vom 17. Februar 2023 - V ZR 212/21 - OLG Düsseldorf, LG Düsseldorf


Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung vom 17. Februar 2023 durch die Vorsitzende Richterin Dr. Brückner, die Richterin Haberkamp, die Richter Dr. Hamdorf und Dr. Malik und die Richterin Laube

für Recht erkannt:

Auf die Revision der Klägerin wird das Urteil des 21. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Düsseldorf vom 21. September 2021 im Kostenpunkt und insoweit aufgehoben, als die Berufung der Klägerin gegen die Abweisung ihrer Anträge, die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Urkunde des Notariats Dr. D. L. vom 29. Dezember 2014, UR-Nr. 552/2014/Dr. L., mit der Vollstreckungsklausel vom 5. November 2019 und aus dem Urteil des Landgerichts Düsseldorf vom 26. Juni 2018 - 6 O 123/17 - wegen eines Betrags von 2.197,15 € aus Ziff. II. 1. des Urteilstenors für unzulässig zu erklären, zurückgewiesen worden ist.

Im Umfang der Aufhebung wird die Sache zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.

Von Rechts wegen

Tatbestand:

[1] Die Klägerin erwarb von der Beklagten auf der Grundlage eines notariellen Kaufvertrags vom 29. Dezember 2014 eine noch zu vermessende Grundstücksfläche zum Betrieb eines Hotels zum Kaufpreis von 490.000 €. Sie verpflichtete sich zur Errichtung des Bauwerks auf der Grundlage der der Kaufvertragsurkunde als Anlage beigefügten Vorentwürfe binnen drei Jahren ab Vertragsschluss einschließlich Schlussabnahme des Bauwerks entsprechend der Baugenehmigung. Für den Fall des Verstoßes gegen diese Vereinbarung verpflichtete sich die Klägerin zur Zahlung einer Vertragsstrafe i.H.v. 24.500 € zuzüglich Umsatzsteuer an die Beklagte und unterwarf sich insoweit der sofortigen Zwangsvollstreckung aus der Kaufvertragsurkunde in ihr gesamtes Vermögen. Kurz vor dem Notartermin wurden die als Anlage zum Kaufvertrag zu nehmenden Entwurfsunterlagen auf Veranlassung des früheren Geschäftsführers der Beklagten ausgetauscht. Während die ursprünglichen Pläne zwei Baukörper auswiesen, von denen einer als optional bezeichnet wurde, fehlt in den stattdessen zum Kaufvertrag genommenen Plänen aus dem Baugenehmigungsantrag der Klägerin der optionale Baukörper.

[2] Nachdem die Klägerin festgestellt hatte, dass sich auf einem Teilbereich des erworbenen Grundstücks eine Mittelspannungsleitung der Stadtwerke befindet, erklärte sie im März 2017 im Hinblick auf diese Fläche den Teilrücktritt vom Kaufvertrag. Sie nahm die Beklagte vor dem Landgericht auf Schadensersatz in Anspruch und begehrte zudem die Feststellung des Annahmeverzugs und der Verpflichtung zum Ersatz weiterer Schäden. Widerklagend nahm die Beklagte die Klägerin - soweit noch von Interesse - auf Zahlung restlichen Kaufpreises und Erstattung von Vermessungskosten i.H.v. insgesamt 2.197,15 € in Anspruch (im Folgenden: erster Vorprozess). Das Landgericht wies mit rechtskräftigem Urteil vom 26. Juni 2018 die Klage ab und gab der Widerklage statt. Parallel zu diesem Verfahren begehrte die Klägerin vor dem Landgericht u.a. gegenüber der Beklagten die Feststellung der Einstandspflicht für Schäden, die sie durch den Austausch der Anlage zum notariellen Kaufvertrag und einen behaupteten Verstoß des Notars gegen seine Pflicht aus § 17 Abs. 2a Nr. 2 BeurkG erleidet (im Folgenden: zweiter Vorprozess). Die Klage wurde durch das Urteil des Landgerichts vom 23. Januar 2020 ebenfalls rechtskräftig abgewiesen.

[3] Die Klägerin ließ zwischenzeitlich auf dem von dem Teilrücktritt nicht betroffenen Teil des Grundstücks ein Hotelgebäude errichten. Mit der Behauptung, die Klägerin habe die Bepflanzung des Grundstücks gemäß dem Grüngestaltungsplan zur Baugenehmigung nicht vollständig umgesetzt und nicht alle erforderlichen Stellflächen auf dem erworbenen Grundstück errichtet, betreibt die Beklagte die Zwangsvollstreckung wegen der Vertragsstrafe aus dem notariellen Kaufvertrag. Ferner betreibt sie die Zwangsvollstreckung aus dem in dem ersten Vorprozess ergangenen Zahlungsurteil.

[4] Gegen die Vollstreckung aus den beiden Titeln wendet sich die Klägerin mit der Vollstreckungsabwehrklage. Sie behauptet u.a., die Darstellung der Beklagten, die Mittelspannungsleitung im Kaufobjekt sei ihr bei Vertragsschluss nicht bekannt gewesen, sei unzutreffend und stelle einen Prozessbetrug dar. Die Beklagte habe von der Leitung gewusst. Durch den Teilrücktritt sei auch die Vertragsstrafenregelung entfallen. Zudem habe sie den Kaufvertrag als Verbraucherin abgeschlossen, so dass der beurkundende Notar ihr die Vertragsunterlagen zwei Wochen vor Abschluss des Kaufvertrages hätte zur Verfügung stellen müssen, was sich die Beklagte zurechnen lassen müsse.

[5] Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Das Berufungsgericht hat die Berufung der Klägerin zurückgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgt die Klägerin ihr Klagebegehren weiter.

Entscheidungsgründe:

[6] I. Nach Ansicht des Berufungsgerichts kann sich die Klägerin nicht mit Erfolg gegen die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Kaufvertragsurkunde wenden. Aufgrund der beiden rechtskräftigen Entscheidungen des Landgerichts in den Vorprozessen stehe zwischen den Parteien verbindlich fest, dass der notarielle Kaufvertrag wirksam und nicht wegen etwaiger Täuschungshandlungen der Beklagten oder Pflichtverletzungen des beurkundenden Notars ganz oder teilweise rückabzuwickeln oder nichtig sei. Mit ihren Einwänden gegen die in den beiden Vorprozessen ergangenen Urteile könne die Klägerin wegen Präklusion nach § 767 Abs. 2 ZPO nicht gehört werden, da sie bereits vor Ende der mündlichen Verhandlung entstanden seien. Die Klägerin habe die Vertragsstrafe verwirkt, da sie die ihr obliegende Bebauungspflicht nicht rechtzeitig erfüllt habe. Sie habe weder die erforderlichen Stellplätze auf dem eigenen Grundstück errichtet noch die Außenanlagen fertiggestellt.

[7] Die Klägerin könne die Einstellung der Zwangsvollstreckung aus dem in dem ersten Vorprozess ergangenen Urteil vom 26. Juni 2018 ebenfalls nicht verlangen. Die die Wirksamkeit des Kaufvertrags betreffenden Einwendungen der Klägerin könnten zwar für den Anspruch der Beklagten auf Zahlung von 2.197,15 € erheblich sein. Gegen die Vollstreckung dieser Forderung wende sich die Klägerin aber nicht.

[8] II. Diese Erwägungen halten einer rechtlichen Prüfung nicht stand. Zu entscheiden ist durch Versäumnisurteil, weil die Beklagte in der mündlichen Verhandlung vor dem Senat nicht vertreten war. Inhaltlich beruht das Urteil jedoch nicht auf der Säumnis der Beklagten, sondern auf einer Sachprüfung (vgl. Senat, Urteil vom 4. April 1962 - V ZR 110/60, BGHZ 37, 79, 82 ff.).

[9] 1. Die Ausführungen des Berufungsgerichts tragen die Abweisung der Vollstreckungsabwehrklage gegen die Zwangsvollstreckung aus der notariellen Kaufvertragsurkunde nicht.

[10] a) Das Berufungsgericht hat den Umfang der Rechtskraft der in den beiden Vorprozessen ergangenen Urteile vom 26. Juni 2018 und vom 23. Januar 2020 verkannt. Rechtsfehlerhaft geht es davon aus, es stehe aufgrund der rechtskräftigen Entscheidungen in den Vorprozessen verbindlich fest, dass der notarielle Kaufvertrag vom 29. Dezember 2014 wirksam und nicht wegen etwaiger Täuschungshandlungen der Beklagten oder Pflichtverletzungen des beurkundenden Notars ganz oder teilweise rückabzuwickeln oder nichtig sei.

[11] aa) Im Ausgangspunkt besteht eine der Wirkungen der Rechtskraft gemäß § 322 Abs. 1 ZPO in der Bindung des Gerichts an die Vorentscheidung, wenn die im ersten Prozess rechtskräftig entschiedene Rechtsfolge im nachfolgenden Rechtsstreit eine Vorfrage darstellt (vgl. Senat, Urteil vom 17. März 1995 - V ZR 178/93, NJW 1995, 1757; BGH, Urteil vom 6. Dezember 2022 - II ZR 187/21, WM 2023, 248 Rn. 19). Dagegen erwächst die Feststellung der Vorfragen aus dem Vorprozess nicht in Rechtskraft (vgl. Senat, Urteil vom 13. November 1998 - V ZR 29/98, NJW-RR 1999, 376, 377).

[12] (1) Urteile sind nach § 322 Abs. 1 ZPO der Rechtskraft nur insoweit fähig, als über den durch die Klage oder durch die Widerklage erhobenen Anspruch entschieden ist. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs erwächst in Rechtskraft die in dem Urteil ausgesprochene Rechtsfolge, d.h. nur der vom Gericht aus dem vorgetragenen Sachverhalt gezogene Schluss auf das Bestehen oder Nichtbestehen der beanspruchten Rechtsfolge, nicht aber die Feststellung der zugrundeliegenden präjudiziellen Rechtsverhältnisse oder sonstigen Vorfragen, aus denen der Richter seinen Schluss gezogen hat (vgl. Senat, Urteil vom 13. November 1998 - V ZR 29/98, NJW-RR 1999, 376, 377; BGH, Urteil vom 21. November 2012 - VIII ZR 50/12, WuM 2013, 165 Rn. 17; Urteil vom

10. April 2019 - VIII ZR 12/18, NJW 2019, 2308 Rn. 30, jeweils mwN).

[13] (2) Dementsprechend stellt ein Urteil auf Leistung von Miet- oder Darlehenszinsen nicht das Bestehen des vertraglichen Grundverhältnisses rechtskräftig fest (Senat, Urteil vom 13. November 1998 - V ZR 29/98, NJW-RR 1999, 376, 377). Das eine Räumungsklage abweisende Urteil enthält keine Feststellung über das Bestehen oder die Nichtbeendigung des Miet- oder Pachtverhältnisses (vgl. BGH, Urteil vom 8. Februar 1965 - VIII ZR 121/63, BGHZ 43, 144, 145). Ebenfalls nicht in Rechtskraft nach § 322 Abs. 1 ZPO erwachsen die Feststellungen über die der Entscheidung zugrunde liegenden präjudiziellen Rechtsverhältnisse, wie etwa die Nichtigkeit eines Vertrags. Zu deren abschließender Klärung steht den Parteien die nicht an ein besonderes Feststellungsinteresse anknüpfende Zwischenfeststellungsklage (§ 256 Abs. 2 ZPO) und im Übrigen die Feststellungsklage (§ 256 Abs. 1 ZPO) offen (Senat, Beschluss vom 22. September 2016 - V ZR 4/16, NJW 2017, 893 Rn. 14).

[14] bb) Nach diesen Grundsätzen stellen sich die in den vorangegangenen Urteilen getroffenen Feststellungen zur Wirksamkeit des Kaufvertrags und zur Unwirksamkeit des erklärten Teilrücktritts - was das Berufungsgericht verkennt - lediglich als Vorfragen dar, die nicht von der Rechtskraft der Urteile über die dort streitgegenständlichen Zahlungs- und Feststellungsklagen erfasst werden. Das Berufungsgericht durfte daher bei seiner Entscheidung nicht ohne eigene Sachprüfung davon ausgehen, dass der Kaufvertrag rechtswirksam und nicht ganz oder teilweise rückabzuwickeln ist.

[15] (1) Weder die Wirksamkeit des Kaufvertrags noch die Unwirksamkeit des Teilrücktritts stehen aufgrund des Urteils vom 26. Juni 2018 in dem ersten Vorprozess präjudiziell fest, mit dem eine Klage im Zusammenhang mit Ansprüchen wegen des von der Klägerin erklärten Teilrücktritts rechtskräftig abgewiesen worden ist unter gleichzeitiger Verurteilung der Klägerin zur Zahlung restlichen Kaufpreises und von Vermessungskosten. Das die Leistungsklage abweisende

Sachurteil stellt grundsätzlich fest, dass die begehrte Rechtsfolge aus dem Lebenssachverhalt unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt hergeleitet werden kann (vgl. Senat, Urteil vom 17. März 1995 - V ZR 178/93, NJW 1995, 1757, 1758), enthält aber keine präjudiziellen Feststellungen über die Wirksamkeit des Kaufvertrags und des von der Klägerin erklärten Teilrücktritts. Gleiches gilt für das die positive Feststellungsklage (hier: Annahmeverzug und Ersatzpflicht für weitere Schäden) abweisende Urteil, welches nur das Nichtbestehen der Rechtsfolge dem Grunde nach feststellt (vgl. BGH, Urteil vom 1. Dezember 1993 - VIII ZR 41/93, NJW 1994, 657, 659). Auch die rechtskräftige Verurteilung zur Zahlung restlichen Kaufpreises in einem Vorprozess stellt nicht das Bestehen des Kaufvertrags mit Bindungswirkung für einen Folgeprozess fest; es handelt sich insoweit nur um die Feststellung einer Vorfrage, die nicht in Rechtskraft erwächst.

[16] (2) Aufgrund des die negative Feststellungsklage rechtskräftig abweisenden Urteils vom 23. Januar 2020 in dem zweiten Vorprozess steht mit bindender Wirkung für diesen Rechtsstreit lediglich fest, dass die Beklagte der Klägerin nicht zum Schadensersatz wegen etwaiger Pflichtverletzungen des Notars beim Beurkundungsverfahren verpflichtet ist. Feststellungen zur Wirksamkeit des Kaufvertrags und des Teilrücktritts nehmen als Vorfragen nicht an den Rechtskraftwirkungen teil.

[17] b) Rechtsfehlerhaft sind weiter die Erwägungen des Berufungsgerichts, mit ihren gegen die Urteile des Landgerichts vom 26. Juni 2016 und vom 23. Januar 2020 gerichteten Einwänden könne die Klägerin nicht gehört werden, da sie mit diesen nach § 767 Abs. 2 ZPO präkludiert sei. Schon im Ansatz unzutreffend nimmt das Berufungsgericht an, dass eine etwaige Präklusion mit Einwendungen gegen die in den beiden Vorprozessen ergangenen Urteile überhaupt dazu führen könnte, dass der Klägerin die Berufung auf die Nichtigkeit des Grundstückskaufvertrags und die Wirksamkeit ihres Teilrücktritts verwehrt ist. § 767 Abs. 2 ZPO betrifft nur das zu dem Titel führende Verfahren und nicht andere Prozesse. Erst recht greift die Präklusionswirkung des § 767 Abs. 2 ZPO nicht ein, wenn wegen einer vollstreckbaren notariellen Urkunde im Sinne von § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO Vollstreckungsgegenklage erhoben wird. Denn § 797 Abs. 4 ZPO bestimmt, was das Berufungsgericht übersehen hat, dass der Schuldner durch die vollstreckbare Urkunde nicht mit seinen Einwendungen gegen den materiell-rechtlichen Anspruch nach § 767 Abs. 2 ZPO ausgeschlossen wird, weil der Titel nicht mit materieller Rechtskraft ausgestattet ist. Daher ist die der Urkunde zugrunde liegende Forderung im Rahmen einer Vollstreckungsabwehrklage in vollem Umfang und ohne Veränderung der Beweislast zu überprüfen (vgl. BGH, Urteil vom 3. April 2001 - XI ZR 120/00, BGHZ 147, 203, 208 ff.).

[18] 2. Die Revision hat ebenfalls Erfolg, soweit sie sich dagegen wendet, dass das Berufungsgericht die Vollstreckungsabwehrklage gegen die Zwangsvollstreckung aus dem in dem ersten Vorprozess ergangenen Urteil vom 26. Juni 2018 abgewiesen hat.

[19] a) Das Berufungsgericht vertritt die Auffassung, die Klägerin wende sich mit ihrer Vollstreckungsabwehrklage nicht gegen die von der Beklagten in Bezug auf den ihr zuerkannten Anspruch auf Zahlung von 2.197,15 € betriebene Zwangsvollstreckung. Das hält der insoweit uneingeschränkten revisionsrechtlichen Nachprüfung (vgl. Senat, Urteil vom 12. Dezember 2014 - V ZR 53/14, NJW-RR 2015, 583 Rn. 8) nicht stand. Die Klägerin hat im Berufungsverfahren beantragt, unter Abänderung der angefochtenen landgerichtlichen Entscheidung die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Landgerichts vom 26. Juni 2018 für unzulässig zu erklären. Bereits der weit gefasste Wortlaut des Berufungsantrags steht der Annahme entgegen, er solle sich nicht auf die Vollstreckung des Zahlungsanspruchs beziehen, sondern nur auf die Vollstreckung der darüber hinaus titulierten Ansprüche. Dem Sachvortrag der Klägerin lässt sich ein derartiger Wille ebenfalls nicht entnehmen. Eine Begründung für die entgegenstehende Ansicht des Berufungsgerichts fehlt in der angefochtenen Entscheidung.

[20] b) Das Berufungsurteil beruht auf dem dargelegten Rechtsfehler (§ 545 Abs. 1 ZPO). Das Berufungsgericht meint, die von der Klägerin vorgetragenen Einwendungen könnten für den in dem Urteil zugesprochenen Anspruch auf Zahlung von 2.197,15 € erheblich sein. Bei der - hier vorliegenden - Verletzung verfahrensrechtlicher Bestimmungen genügt bereits die Möglichkeit, dass das Berufungsgericht ohne den Verfahrensfehler zu einem anderen Ergebnis gelangt wäre (BGH, Urteil vom 6. Mai 2015 - VIII ZR 161/14, NJW 2015, 2111 Rn. 19). Im Streitfall ist nicht auszuschließen, dass das Berufungsgericht zu einem anderen Ergebnis gekommen wäre, wenn es bedacht hätte, dass sich die Klägerin auch gegen die Zwangsvollstreckung aus dem in dem Urteil titulierten Zahlungsanspruch wendet. Soweit es annimmt, die von der Klägerin erhobenen Einwände gegen die Wirksamkeit des Kaufvertrags führten nicht zum Erfolg der Klage, trägt dies die Klageabweisung für sich genommen nicht. Denn die Klägerin wendet zudem einen Teilrücktritt vom Kaufvertrag sowie arglistiges Verhalten der Beklagten ein. Insoweit hat das Berufungsgericht keine Feststellungen getroffen, so dass der Senat auf der Basis der für das Revisionsverfahren zugrunde zu legenden Tatsachen nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen kann, ob diese Einwände der Klage zum Erfolg verhelfen.

[21] III. 1. Das angefochtene Urteil ist deshalb aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO) und zur neuen Verhandlung und Entscheidung an das Berufungsgericht zurückzuverweisen, da die Sache nicht entscheidungsreif ist (§ 563 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht hat nämlich - von seinem rechtlichen Ausgangspunkt aus folgerichtig - keine Feststellungen dazu getroffen, ob die materiellen Einwendungen der Klägerin gegen die in der vollstreckbaren notariellen Kaufvertragsurkunde vom 29. Dezember 2014 und dem Urteil des Landgerichts vom 26. Juni 2018 titulierten Ansprüche begründet sind.

[22] 2. In dem weiteren Verfahren wird das Berufungsgericht bei der Klärung der Frage, ob die Einwendungen der Klägerin der Klage gegen die Zwangsvollstreckung aus der vollstreckbaren Kaufvertragsurkunde zum Erfolg verhelfen, zu beachten haben, dass in den Vorprozessen keine Feststellungen zur Wirksamkeit des Kaufvertrags und des Teilrücktritts mit Bindungswirkung für dieses Verfahren getroffen wurden, und dass die Klägerin mit ihren Einwendungen nicht präkludiert ist (§ 797 Abs. 4, § 767 Abs. 2 ZPO). Ferner wird das Berufungsgericht festzustellen haben, ob die Zwangsvollstreckung aus dem Urteil des Landgerichts vom 26. Juni 2018 aufgrund der Einwendungen der Klägerin für unzulässig zu erklären ist. Insoweit kommt allerdings eine Präklusion der Einwendungen nach § 767 Abs. 2 ZPO in Betracht.

Rechtsbehelfsbelehrung

Gegen dieses Versäumnisurteil steht der säumigen Partei der Einspruch zu. Dieser ist beim Bundesgerichtshof in Karlsruhe von einem an diesem Gericht zugelassenen Rechtsanwalt binnen einer Notfrist von zwei Wochen ab der Zustellung des Versäumnisurteils durch Einreichung einer Einspruchsschrift einzulegen.

Die Einspruchsschrift muss das Urteil, gegen das der Einspruch gerichtet wird, bezeichnen und die Erklärung enthalten, dass und, wenn das Rechtsmittel nur teilweise eingelegt werden solle, in welchem Umfang gegen dieses Urteil Einspruch eingelegt werde.

In der Einspruchsschrift sind die Angriffs- und Verteidigungsmittel sowie Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, vorzubringen. Auf Antrag kann die Vorsitzende des erkennenden Senats die Frist für die Begründung verlängern. Bei Versäumung der Frist für die Begründung ist damit zu rechnen, dass das nachträgliche Vorbringen nicht mehr zugelassen wird.

Im Einzelnen wird auf die Verfahrensvorschriften in § 78, § 296 Abs. 1, 3, 4, § 338, § 339 und § 340 ZPO verwiesen.

Brückner Haberkamp Hamdorf

Malik Laube

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